Alessandra Reß, 08.07.2019
Schmachten, während das Böse bekämpft wird: In der Romantasy (Romantic Fantasy) bildet eine Liebesgeschichte den Kern der fantastischen Handlung. Doch zu einem etablierten Subgenre ist sie erst in den letzten beiden Jahrzehnten avanciert, seit Gestaltwandler und Vampire richtig sexy geworden sind.
Eine Person trifft auf eine zweite Person, die beiden verlieben sich, es gibt Probleme, aber am Ende sind sie glücklich miteinander.
Klingt nach einer vertrauten Handlung? Kein Wunder, schließlich dürften etwa 80 Prozent aller erzählten Geschichten diese Elemente wenigstens am Rande beinhalten. (Okay, das mit dem glücklichen Ende war schon bei „Romeo und Julia“ so eine Sache ...) Wird diese Liebesbeziehung nun aber zum Dreh- und Angelpunkt der Handlung und beinhalten besagte Probleme Drachen, Vampire oder irgendwas mit Tentakeln, so bewegen wir uns vermutlich auf dem Boden der Romantasy.
Zwei Begriffe, (k)ein Genre
Im englischsprachigen Raum wird der Begriff eher selten verwendet. Stattdessen ist hier meist von der „Romantic Fantasy“ die Rede, die auch noch zu den „Fantasy Romances“ abgegrenzt wird. Der Unterschied besteht lediglich in der Frage, ob nun die Anteile der Fantasy (= Romantic Fantasy) oder der klassischen Romanze (= Fantasy Romance) überwiegen. Hierzulande hält man sich damit nicht auf und schließt beide Genres zum Neologismus der „Romantasy“ zusammen. In enger Verwandtschaft existieren aber die Paranormal Romance, eine Verknüpfung aus Romanze und Mystery, sowie Romantic Thrill, ein Subgenre, das Thriller und Romanze oft mit Dark-Fantasy-Elementen kreuzt.
Über Jahrzehnte hinweg bestand die Romantasy nur implizit. Ihre eingangs erwähnten Elemente sind auch für viele Vorfahren der Fantasy, wie Mythen, Sagen oder die höfische Epik, typisch. Die dort auftauchenden Beziehungsstrukturen und Geschlechterrollen rund um wackere Helden, edle Damen und obligatorische Nebenbuhler waren auch lange für die Fantasy vorherrschend. Unter dem Einfluss einer Welle an feministischer Fantasy entstanden allerdings ab Ende der 1970er Jahren Romane wie Elizabeth A. Lynns „Chroniken von Tornor“ oder Robin McKinleys „Das blaue Schwert“. Beide machten die Auseinandersetzung der Figuren mit ihrer Sexualität zum Thema und hinterfragten dabei ebenso heteronormative wie auch erzählerische Traditionen.