BUCH
Alessandra Reß, 02.10.2019
Normalerweise blicken Genres auf eine lange Tradition zurück. Nicht so der Hopepunk. Erstmals 2017 benannt, sehen wir hier eine Genregeburt „in the making“. Was sich dabei herauskristallisiert, ist vor allem eines: Widerstand. Widerstand gegen Resignation und den Unwillen zur positiven Veränderung.
Totgesagte leben bekanntlich länger. Jedenfalls gilt das für die Dystopie, die nach ihrem Young-Adult-Hype schon als abgeschrieben galt, nun aber eine Rückkehr im Feuilleton feiert. Ob Eckhart Nickels „Hysteria“ oder Sibylle Bergs „GRM“: Negative Zukunftsvisionen sind weiterhin angesagt, räumen Preise ab, erreichen auch ein sonst nur wenig Phantastik-affines Publikum.
Zugleich sieht sich das Genre aber auch einer wachsenden Frustration ausgesetzt. Die pädagogischen Hoffnungen, die Ende der Nullerjahre mit ihm einhergingen, wurden größtenteils enttäuscht. Autokraten feiern in der westlichen Welt ein Comeback, extreme Positionen formen das soziopolitische Klima, und Freiheiten werden beschnitten. Mit anderen Worten: Die Warnungen der Dystopien sind scheinbar ungehört verklungen.
Umso lauter wird nun der Ruf nach anderen, optimistischeren Zukunftsvisionen – solchen, in denen die Welt nicht immer schwärzer wird, sondern in denen vielmehr Lösungen aus den Miseren unserer und kommender Zeiten gesucht werden. Allerdings ist das leichter gesagt als getan, gerade in einer Zeit, in der ein eher skeptisches, zuweilen nihilistisches und selbstzerstörerisches Menschenbild vorherrscht.
Solar- und Hopepunk: Wider den pessimistischen Zeitgeist
An dieser Stelle schlägt die Stunde der Punk-Genres. Als in den 1980er Jahren der Cyberpunk das Licht der Literaturwelt erblickte, stand er für Widerstand – Widerstand gegen die etablierten Regeln der damaligen Science Fiction, deren Konservatismus und naiven Technik-Optimismus.
Auch dreißig Jahre später stehen die Punk-Subgenres für Widerstand gegen etablierte Regeln. Doch dieses Mal richten sie sich gegen den pessimistischen Zeitgeist der Phantastik. Bereits Anfang der 2000er hat sich der Solarpunk herausgebildet, der Solarenergie als Ausweg aus der Ressourcenknappheit begreift.
Während Solarpunk eine in erster Linie technologische Antwort auf den Zukunftspessimismus unserer Zeit bietet, blickt Hopepunk stärker auf die soziopolitische Seite. Er ist ein Produkt der #Resistance-Bewegung aus den USA, die sich gegen die Verrohung und den offenen Sexismus bzw. Rassismus der Trump-Ära richtet. 2017 benannte Alexandra Rowland, Autorin von „A Conspiracy of Truths“, Hopepunk auf Tumblr als das Gegenstück zum Grimdark – jenem Genre, das spätestens mit „Game of Thrones“ einen Hype rund um düstere, oft brutale und maximal pessimistische Werke geschaffen hat.