Alessandra Reß, 21.11.2019
Fee oder Elfe? In der modernen Fantasy ist das kaum mehr zu trennen. Doch während die Elfen vorwiegend der germanischen Mythologie entstammen, fußt das Feenbild vor allem auf keltischen Vorstellungen. Ein Überblick zur (Literatur-)Geschichte von Sídhe, Vily und anderen Fairies.
Feen sind etwa handtellergroß, haben insektenartige Flügel und lieben Blumen. So zumindest das Bild, das Illustrationen von Warwick Goble bis Stephanie Pui-Mun Law, berühmte Popkultur-Feen wie Tinkerbell oder Romane wie die „Elfen“-Reihe von Bernhard Hennen vermitteln. Andererseits tauchen auch in Amelia Hutchins „Fae Chronicles“ Feen auf – und die ähneln deutlich mehr Tolkien-Elben denn menschenähnlichen Libellen.
In der Fantasy existieren diese Vorstellungen derzeit parallel, hinzu kommen zahlreiche Mischformen. Eine Fee, das kann also irgendein Anderweltbewohner sein, aber auch ein Blumenwesen oder eine klassische High-Fantasy-Elfe.
Von Fomoriern, Sídhe und gefallenen Engeln
Die Verwirrung basiert auf einer Vermischung keltisch-slawischer und germanischer Vorstellungen. Während die Elfen hauptsächlich von den alfar / Elfen abstammen, wie sie bei Snorri Sturluson beschrieben werden, lassen sich als klassischstes Vorbild der Feen die keltischen fairies nennen. Der Begriff leitet sich dabei von fays ab, was so viel wie „Schicksalskräfte“ bedeutet und als Verweis auf die prophetischen Fähigkeiten und die Rollen verstanden werden kann, die Feen im Leben menschlicher Sagengestalten einnehmen.
Aber auch diese fairies sind alles andere als eine heterogene Gruppe: In ihrem „Lexikon der keltischen Mythologie“ verstehen John und Caitlín Matthews Feen als französische oder britische Version der irischen Sídhe (ausgesprochen „Schie“), musisch begabten, glückseligen Hügelbewohnern.
Eine Sichtweise, die von anderen Expert*innen rund um die keltische Mythologie jedoch als verkürzt betrachtet wird: Sylvia und Paul F. Botheroyd etwa sehen „Fee“ als Sammelbegriff für das Hügelvolk aes síde, das dienende Feenwesen, Tuatha Dé Dannan, aber auch Untote, missgestaltete Fomorier, keltische Gottheiten und, nach christianisierter Auffassung, gefallene Engel umfasst. Die Tuatha Dé Dannan, das Volk der Göttin Dana, ähnelt dabei heutigen Elfen- bzw. Elbenvorstellungen und ist wiederum in zahlreiche Untergruppen unterteilt. Eine Variante von ihnen sind etwa die Banshee, wehklagende Todesfeen, die bis heute ihren festen Platz in der Popkultur haben (z. B. in Janika Nowaks „Das Lied der Banshee“ oder Nina MacKays „Plötzlich Banshee“). Als Selkies oder Merrows bewohnen sie auch Seen, Flüsse und Meere.