Alessandra Reß, 13.09.2020
Seit über fünfzig Jahren sind Zombies fester Bestandteil der Horror- und Apokalypseliteratur. Doch woher kommt die Vorstellung dieser Untoten, und was macht sie so gruselig? Ein kurzer Blick auf Wesen und Geschichte der infizierten Menschenfressenden.
Mal schlurfen sie mit ausgestreckten Armen durch die Straßen, mal rennen sie ihrer Beute über Felder nach. In (fast) allen Fällen aber zeichnet sich der Popkultur-Zombie durch einen unbändigen Hunger nach Menschenfleisch aus. Die Gier wird dabei in den meisten Interpretationen durch Mutationen hervorgerufen, die Menschen in blutrünstige Untote verwandeln.
Haitianische zombi als Opfer schwarzer Magie
So weit, so generisch. Dabei hat dieses Bild mit den „Ursprungszombies“ gar nicht so viel zu tun. Die entstammen dem haitianischen Vaudou oder Voodoo, einer synkretistischen Religion, die Glaubenselemente des Katholizismus, der westafrikanischen Yoruba und indigener Ethnien Hispaniolas miteinander verbindet. Voodoo-Gemeinschaften verstehen sich als eine Art spirituelle Großfamilie, an deren Spitze die über die Gabe der weißen Magie verfügenden hungan oder mambo, Priester oder Priesterin stehen. Ausübende schwarzer Magie werden dagegen als boko oder bokor bezeichnet, weibliche Ausübende seltener auch als caplata oder wiederum mambo. Ihre Macht erlaubt es ihnen u. a., Tote als zombi ins Leben zurückzuholen. Diese entwickeln in der Folge aber keinen Appetit auf Hirn, sondern führen als lethargische Dienende die Wünsche des boko bzw. der caplata aus.
Ausführlich schildert Alfred Métraux das Phänomen in seiner Ethnographie „Voodoo in Haiti“, erstmals erschienen 1958. Demnach werden Verstorbene auf Haiti oft „ein zweites Mal“ getötet, beispielsweise durch Gift oder einen Schuss, um ihnen das Schicksal als zombi zu ersparen. Manchmal werden ihnen auch die Münder zugenäht, sodass sie nicht in der Lage sind, auf den Ruf des boko zu antworten. So kann sich der Tote nicht verwandeln.