Fantasy

Die zehn besten Lovecraft-Verfilmungen

Die zehn besten Lovecraft-Verfilmungen
© Warner Home Video

Peter Osteried, 04.04.2018

Howard Phillips Lovecrafts Geschichten kann man als zeitlos bezeichnen. Was dem großen Autor selbst verwehrt wurde, war die Gelegenheit, eine seiner Geschichten filmisch umgesetzt zu sehen. Erst in den 1960er Jahren gab es zaghafte Versuche, Lovecrafts wortgewaltige Geschichten in bewegte Bilder umzusetzen, besonders erfolgreich waren sie aber nicht. Das lag auch am namenlosen Schrecken, den er heraufbeschwört, der sich aber nur schwer filmisch umsetzen lässt. Ein paar Filmemacher haben jedoch Werke abgeliefert, die Lovecraft alle Ehre machen. Die zehn besten haben wir hier zusammengestellt. 

The White Monster (1988)

In dem Film aus dem Jahr 1988 wagen sich Schüler in ein verfluchtes Haus. Davon versprechen sie sich einen Kick, doch sie bekommen mehr als gedacht, denn im 19. Jahrhundert wurde hier ein Monster gefangen, das nun freikommt.

Der Film basiert auf Lovecrafts Geschichte „Das Unnennbare“, die er bereits 1923 geschrieben, aber erst 1925 in „Weird Tales“ veröffentlicht hat. Eigentlich fand er die Geschichte aber gar nicht gut genug, um sie jemandem zu zeigen.

Bei seiner Adaption hat sich Jean-Paul Ouellette nur bedingt an die Vorlage gehalten. Im Grunde ist es der Prolog, der sich am stärksten an Lovecraft orientiert, danach wird aus dem Film ein eher handelsüblicher Monster-jagt-Menschen-Streifen – aber er macht Spaß. Im Jahr 1993 gab es ein Sequel.

Marebito (2004)

In diesem japanischen Film nimmt ein Kameramann den bizarren Selbstmord eines Mannes in der U-Bahn auf. Er glaubt, dass der Mann etwas Schreckliches gesehen hat und sich deswegen töten musste. Der Mann forscht nach und findet unter der U-Bahn weitere Tunnel, die ihn zu den Bergen des Wahnsinns führen.

Der Film basiert nicht direkt auf einer Geschichte Lovecrafts, nutzt aber Elemente aus „Die Berge des Wahnsinns“ und „Der Außenseiter“ und erzählt die Geschichte in bester Lovecraft-Manier. Er bleibt dabei mysteriös, ungreifbar und unheimlich.

Necronomicon (1993)

Brian Yuzna, der auch einige von Stuart Gordons Lovecraft-Adaptionen produziert hatte, wagte mit NECRONOMICON ein außergewöhnliches Experiment. Der Film basiert auf den Werken von Lovecraft. Was ihn interessant macht, ist die Tatsache, dass hier drei Regisseure aus gänzlich unterschiedlichen Kulturkreisen am Werk waren. Yuzna inszenierte eine Folge des Episodenfilms, während die beiden anderen von dem Franzosen Christophe Gans und dem Japaner Shusuke Kaneko stammen.

„Das Ergebnis ist als Film etwas uneins, wie es Anthologien immer sind, aber das macht mir nichts aus, denn als ich anfing, diesen Film zu konzipieren, da sah ich ihn als Experiment an Und das Ergebnis ist wirklich aufregend“, erklärte Yuzna später. 

Castle Freak (1995)

CASTLE FREAK adaptiert keine Geschichte von Gordons liebstem Autor Lovecraft, aber die Geschichte ist sehr wohl von einem Garn des Meisters inspiriert. Als Gordon und Dennis Paoli darüber nachdachten, welche Geschichte sie erzählen könnten, die ein Schloss und einen Freak beinhalten, erinnerten sie sich an Lovecrafts „The Outsider“. Darin wird von einem Mann erzählt, der zum ersten Mal in vielen Jahren sein Schloss verlässt. Jeder, dem er begegnet, ergreift in Panik die Flucht. Das versteht der Mann nicht, doch später sieht er am Ende eines langen Korridors eine seltsame Gestalt. Er geht auf sie zu, kommt ihr immer näher, streckt die Hand aus und berührt sie: es ist sein Spiegelbild.

In eine ähnliche Richtung geht es auch mit dem im Schloss hausenden Castle Freak Giorgio, der von seiner Mutter geschlagen, gequält und zum Krüppel gemacht wurde. Als er sein eigenes Spiegelbild sieht, erkennt er den Schrecken, den er darstellt, weswegen er künftig sein Gesicht verbirgt. Dabei, so Jonathon Fuller, der Freak-Darsteller, in seinem in „Fangoria“ veröffentlichten Tagebuch zum Film, war die Intention, ihn das Leintuch so tragen zu lassen, als würde sich ein Kind als Zorro oder einen vergleichbaren Helden verkleiden.

Mit CASTLE FREAK präsentiert Gordon keine leichte Kost, keine humorige Unterhaltung wie einst bei RE-ANIMATOR, sondern eine von Traurigkeit getragene Geschichte.

Die Farbe (2010)

"Die Farbe" ist ein deutscher Independent-Film, der auf der Geschichte „Die Farbe aus dem All“ basiert.

Arkham, 1975: Jonathan Davis Vater ist verschwunden. Seine Spur führt nach Deutschland, in den Schwäbisch-Fränkischen Wald, wo er nach dem 2. Weltkrieg stationiert war. Jonathan folgt ihm, um ihn heimzubringen, doch tief in den Wäldern offenbaren sich ihm die Geheimnisse aus der Vergangenheit. Er trifft auf einen Einheimischen, der ihm davon erzählt, was sich in den 30er Jahren zutrug, nachdem ein Meteor im Tal heruntergegangen ist und nicht nur Flora und Fauna, sondern auch Menschen veränderte.

Im Großen und Ganzen hält sich Autor und Regisseur Huan Vu sehr nahe an die Vorlage. Das Format mit der Rahmenhandlung ist gleichgeblieben, nur die Umstände wurden verändert. Ist es in Lovecrafts Geschichte ein Landvermesser, der auf ein verlassenes Haus stößt und später vom Einsiedler Ammi Pierce erfährt, was sich vor Jahrzehnten zugetragen hat, so ist es hier nun ein junger Mann, der nach seinem Vater sucht und so nach Deutschland kommt. Die Verlagerung der Handlung aus den USA nach Deutschland ist im Grunde nicht weiter von Belang. Die Figurenkonstellation ist gleichgeblieben. So gesehen ist DIE FARBE eine Adaption, die Lovecraft-Fans schon alleine ihrer Vorlagen-Treue wegen erfreuen wird.

Die Entscheidung, den Film in Schwarzweiß zu drehen, war gut. Nur dadurch gelingt es, ein amorphes Böses wie die Farbe gebührend darzustellen. Denn die Farbe ist - natürlich - farbig; sie leuchtet in einem Purpurton. Damit sticht sie hervor, erscheint unwirklich und in jedem Moment bedrohlich. Der Schwarzweißlook des Films ist sehr stimmig. Das Einzige, was herausfällt, sind die ersten Minuten in den USA, die komplett vor Blue Screen gedreht wurden. Man erkennt hier den künstlichen Aspekt des Hintergrunds. Wirklich störend ist das aber nicht.

Dagon (2001)

Wenn es den ungekrönten König der Lovecraft-Adaptionen gibt, dann ist das Stuart Gordon, für den eine Verfilmung von „Schatten über Innsmouth“ seit vielen Jahren ein Traumprojekt war. Anfang des Jahrtausends erhielt er durch eine spanische Produktionsfirma die Gelegenheit, sich daran zu machen.

Durch einen Bootsunfall geraten ein Mann und eine Frau in ein kleines spanisches Fischerdorf, in dem sie schon bald feststellen, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht – und die Bewohner nicht mal menschlich sind.

Zusammen mit seinem Ko-Autor Dennis Paoli hat Gordon eine atmosphärische Adaption erschaffen, die in jeder Sekunde Lovecraft-Stimmung atmet. DAGON ist bizarr, surreal, ungewöhnlich und erschreckend zugleich. 

From Beyond (1986)

Für Stuart Gordon war dies die zweite Lovecraft-Adaption, er führte wieder Regie und schrieb zusammen mit Dennis Paoli und Brian Yuzna das Drehbuch. Sie erzählen, wie Dr. Pretorius einen Resonator gebaut hat, mit dem er die Zirbeldrüse anspricht. Damit eröffnet sich ihm die Möglichkeit, das Tor in eine andere Dimension zu öffnen. Schreckliche Gestalten sickern in unsere Welt ein und töten Pretorius scheinbar – doch der gute Doktor wird zu etwas dem Menschen vollkommen Überlegenem.

Basierend auf der gleichnamigen Geschichte „Von Jenseits“ aus dem Jahr 1920, erweist der Film auch dem James-Whale-Klassiker FRANKENSTEINS BRAUT (1935) seine Reverenz, indem der handelnde Wissenschaftler Pretorius genannt wird. Lovecrafts ursprüngliche Figur Crawford Tillinghast wird von Jeffrey Combs dargestellt, ist hier jedoch „nur“ noch der Assistent des guten Dr. Pretorius.

FROM BEYOND ist in mancher Hinsicht weniger gelungen als RE-ANIMATOR, atmet jedoch denselben Geist und stellt einen relativ würdigen Nachfolger dar. Ohne Zweifel darf man auf jeden Fall sagen, dass beide Filme Stuart Gordons größte, mitunter auch rohste Werke sind, die den Zuschauer packen und nicht mehr loslassen. 

The Resurrected (1991)

In Deutschland wurde der Film in den 1990er Jahren noch als EVIL DEAD – DIE SAAT DES BÖSEN ausgewertet, mittlerweile gibt es aber eine ansprechende Blu-ray unter dem Originaltitel. Dan O’Bannons Film greift die Geschichte „Der Fall Charles Dexter Ward“ auf, der sich immer merkwürdiger verhält, weswegen seine Frau einen Privatdetektiv anheuert, um herauszufinden, was mit ihrem Mann los ist. Shocking: Der Detektiv findet heraus, dass Ward das Experiment eines Vorfahren beenden und den Tod besiegen will.

Es gibt den typischen Lovecraft-Kniff mit einer Rückblende, die hier sogar noch überhöht wird – durch eine Rückblende innerhalb der Rückblende. Der Film selbst ist extrem atmosphärisch, wobei die Geschichte in die Moderne versetzt ist, aber der Vorlage treu bleibt. 

Re-Animator (1985)

„Herbert West, Re-Animator“, die Vorlage zu einem der wichtigsten Klassiker des Horrorfilms, wurde 1922 in dem Magazin „Home Brew“ veröffentlicht. Lovecraft hatte eine Reihe von sechs Kurzgeschichten geschrieben, die sich mit Wests Suche nach der Re-Animation toten Lebens beschäftigten. Lovecraft selbst sah diesen Zyklus immer als seinen anderen Werken unterlegen an. Abgesehen von der Erstveröffentlichung gab es darum auch nur einen Reprint 1965 in der Anthologie „Dagon and Other Macabre Tales“. Das wiederum machte es eben auch für Stuart Gordon schwierig, die Geschichten überhaupt lesen zu können, da er ein Exemplar antiquarisch auftreiben musste. Ausgehend davon entwickelte er mit Dennis Paoli und William Norris ein Drehbuch: Herbert West betätigt sich als Re-Animator und erweckt mit einer speziellen Formel totes Gewebe wieder zum Leben. Das versucht er auch an Menschen, doch die Wiedergänger sind kaum noch mit ihren früheren Alter Egos vergleichbar. Zusammen mit seinem Freund Dan gerät West in Schwierigkeiten.

Da es unmöglich ist, den Inhalt von sechs Kurzgeschichten in einen 90-minütigen Film zu pressen, mussten sich die Autoren natürlich entscheiden, was in ihrer Geschichte von Bedeutung sein sollte. Raus flogen Herbert Wests Erlebnisse im Ersten Weltkrieg, wo ihm als Re-Animator natürlich mehr als genug Menschenmaterial zur Verfügung steht, um seine Experimente durchzuführen. Da der Film in der Gegenwart spielt, hätte man sich für einen anderen Krieg entscheiden müssen – was schließlich auch beim Sequel BRIDE OF RE-ANIMATOR realisiert wurde. Dort kann man Herbert West und Dan Cain als Feldärzte in einem Krieg irgendwo in Südamerika erleben.

The Call of Cthulhu (2005)

Die H.P. Lovecraft Historical Society hat vor ein paar Jahren einen Stummfilm von Lovecrafts THE CALL OF CTHULHU produziert. Der Film wurde so umgesetzt, wie das 1928 möglich gewesen wäre. Und ist ein verdammt guter Film geworden, der – obwohl stumm – eine sehr spannende und gruselige Atmosphäre heraufbeschwört. Man bleibt dabei nahe an der Vorlage „Cthulhus Ruf“, die eine der bekanntesten Lovecraft-Geschichten ist. Der Film erzählt dabei von einem Mann, der sich die Hinterlassenschaften seines Onkels ansieht und dabei auf eine Reihe von dunklen Geheimnissen stößt, die allesamt mit der Wiederauferstehung eines uralten Bösen zu tun haben.

Dies ist der mit Abstand beste Film, der auf Lovecrafts Vorlagen beruht. Einerseits, weil man der Vorlage treu bleibt und eine Adaption erschaffen hat, die wirkt, als hätte man sie zu Lovecrafts Lebzeiten ins Kino gebracht. Andererseits, weil der Film mit einer Laufzeit von knapp 50 Minuten genau richtig ist und unnötiger Leerlauf vermieden wird.