BUCH
Von Dunkelelfen und sprechenden Schwertern. Die 5 besten Dungeons & Dragons-Romane
Thilo Nemitz, 18.09.2018
Tolkien hin, Tolkien her, für viele von uns waren die Rollenspielromane aus dem Dungeons & Dragons-Universum viel prägender. Die Chronik der Drachenlanze, Drizzt Do’Urden, die Sellsword-Trilogie … Thilo Nemitz über seine Lieblings-D&D-Romane. (Lesen dieses Artikels gibt ca. 500 Erfahrungspunkte).
Ich kann es beinahe fühlen, als wäre es gestern gewesen. Ein Freund öffnete diese schwarze Box und verteilte den Inhalt vor mir auf dem Boden. Ich war so aufgeregt, als ob wir kurz davor waren, mittels verbotener Utensilien einen Dämon zu beschwören. Ich ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie nah das der Wahrheit kam. Doch nun lagen da erst mal verschiedene Regelwerke mit fantastischen Cover-Motiven, weiße Blätter mit allerlei Kästchen darauf, sogenannte „Charakterblätter“, und Würfel, die irgendwie mehr Seiten hatten, als ich es von Mensch ärgere Dich nicht gewöhnt war.
Das war also Das schwarze Auge! Dieses ominöse „Rollenspiel“, von dem mir mein Kumpel am Telefon vorgeschwärmt hatte. Es kam angeblich vollkommen ohne Spielbrett aus, weil es sich nur vor dem geistigen Auge der Spieler entfaltete. Ich berührte ehrfürchtig die Materialien und rollte probeweise die zwanzigseitigen Würfel über den Teppich. Ein tolles Gefühl! Mein Herz stand vor lauter Abenteuerlust lichterloh in Flammen.
Mein Herz stand lichterloh in Flammen
Es folgten schon bald meine ersten Solo- und Gruppen-Abenteuer in Aventurien, der Spielwelt des schwarzen Auges. Die nächsten Jahre verbrachte ich, so oft ich nur konnte, in der Rolle eines Magiers, der durch Astralpunkte und das Aufsagen reimender Zaubersprüche Gegner aus ihren verblüfften Socken hauen konnte. Fulminictus Donnerkeil - Schlaget drein, Schwert und Beil!
Ich war im Himmel. Es schien der nächste logische Schritt zu sein, nachdem wir zuvor lediglich Figürchen über die Spielbretter von Talisman und Hero Quest geschoben hatten. Doch diese Einstiegsdrogen reichten mir nicht mehr. Es gab diesen neuen, heißen Scheiß, den alle coolen Kids in meiner Nachbarschaft spielten. Und nun war ich endlich auch durch dieses Portal getreten, in neue, aufregende Fantasy-Welten.
Eigentlich waren wir Dreikäsehochs ja schon immer als Räuber, Gendarmen und Ninjas des Drachenklans über Felder und Wiesen gesprungen. Doch nun wurden unsere Abenteuer durch feste Regeln, Würfelproben und Kartenmaterial gestützt. So konnte, in gewisser Weise, unser Spieltrieb auf eine neue, „erwachsenere“ Ebene gehoben und sogar bei schlechtem Wetter in den heimischen vier Wänden zelebriert werden. Schöne, neue Welt!
Dungeons & Dragons
Erst als Sextaner sollte ich vom Urvater des Rollenspiels erfahren, der Das Schwarze Auge überhaupt erst möglich gemacht hatte. Ein Mitschüler lud mich zu einer ersten Runde Dungeons & Dragons ein, bei der ich endlich „das einzig wahre Pen & Paper“ kennen lernen sollte. Er hatte nicht zu viel versprochen. Ich begab mich nach Krynn, Toril und Barovia und schaute nicht einmal zurück.
Meine gesamte Schul- und Uni-Zeit verbrachte ich regelmäßig in monsterverseuchten Verliesen, deren Säuberung ihr Schöpfer Gary Gygax für die einzig wahre Freizeitbeschäftigung hielt. Ein weiser Mann. Dabei saßen wir aus Ambiente-Gründen (*hust*) meist im Keller eines Freundes, wo wir uns mit Hilfe von Nudelauflauf, Keksröllchen und mangelnder Sonne selbst langsam in Monster verwandelten. Doch das war es wert.
Wir erschufen unsere ersten Advanced Dungeons & Dragons-Helden, als D&D auf seinem Höhepunkt strahlte. Die 90er mit ihrem Überangebot an unterschiedlichen Settings, Kampagnen-Kästen und Abenteuern für die unterschiedlichsten Erfahrungsstufen wird deswegen heute manchmal das „Goldenen Zeitalter von D&D“ genannt. Damals, als eine richtig gute Rüstungsklasse noch ein Minuswert war, der ETW0 (Erforderlicher Trefferwurf gegen Rüstungsklasse 0) neue Spieler um den Verstand brachte und vermasselte Rettungswürfe noch das sofortige Ableben des liebgewonnenen Charakters bedeuten konnte. Save or die, my friend!
Das Goldene Zeitalter
Wenn ich jedoch nun darüber nachdenke und meine Brille der nostalgischen Wahrnehmung +3 mal abnehme, dann war außer einem Überangebot an Materialien eigentlich wenig „Gold“, was da in meiner Erinnerung glänzt. Eigentlich ist jetzt gerade, mit der 5. Edition des Spiels, eine Art „Goldenes Zeitalter“ für D&D angebrochen. Durch geschicktes Marketing, D&D-spielende Hollywood-Stars und, letztlich, die Macht des Internets spielen heute mehr Leute das Kerker-und-Drachen-Spiel als jemals zuvor. Rollenspieler, die auf Youtube noch nie über Dice, Camera, Action, Critical Role, Acquisition Incorporated oder meine jüngste Entdeckung, das wahnwitzig unterhaltsame Girls Guts Glory, gestolpert sind, leben, mit Verlaub, hinter Endor oder einem vergleichbaren Mond.