Wo finden Leser*innen der phantastischen Literatur verlässliche Buchempfehlungen? Und wie bringen Verlage ihre Bücher an die Leserschaft? Booktok und Booktube spielen da mittlerweile eine große Rolle – aber wem zu folgen lohnt sich wirklich? Ein Beitrag über die besten Booktuber von Markus Mäurer.
Um wirklich gute Literatur zu finden, haben wir alle unsere Quellen. Ich habe mir über die Jahre eine Timeline in den sozialen Medien (Twitter, Facebook) aufgebaut, mit Leuten, von denen regelmäßig verlässliche Empfehlungen kommen. Dazu eine Handvoll Rezensent*innen, auf deren Urteil ich mich verlasse, sowohl im Magazinbereich wie auch auf individuellen Blogs.
Für Verlage waren Blogs viele Jahre die erste Anlaufstelle, um Buchbesprechungen zu erhalten (das Feuilleton spielt nur bei der sogenannten E-Literatur, Krimis und Sachbüchern eine Rolle). Da gingen teils große Kontingente an Rezensionsexemplaren raus; die Blogger*innen mit der höchsten Reichweite wurden auf Buchmessen hofiert. Doch die große Zeit der Blogs scheint vorbei zu sein. Der Fokus der Internetgemeinschaft und auch des Geschäfts hat sich immer stärker auf die sozialen Medien verlagert, weg von Text-Formaten hin zu Audio (Podcasts) und Video. Im englischsprachigen Raum spielt TikTok inzwischen – zumindest in gewissen Genres und Zielgruppen – eine große Rolle, aber das ist ein anderer Artikel.
Mein Fokus liegt heute auf Booktube. Sicher, Youtube gibt es auch schon eine ganze Weile, ebenso wie Buchbesprechungen auf Youtube. Doch dass phantastische Booktuber von dieser Arbeit leben können, dass sie ein solcher Multiplikationsfaktor geworden sind, musste sich erst über die Jahre entwickeln. Im englischsprachigen Raum deutlich stärker als im deutschsprachigen. Deswegen werde ich hier zunächst ein wenig auf die Lage im englischsprachigen Raum eingehen und einige der bekanntesten und interessantesten Booktuber*innen vorstellen, bevor ich mich dem deutschsprachigen zuwende.
Daniel Greene
Als Brandons Sanderson am 1. März 2022 auf Youtube verkündete, dass er während der Pandemie fünf zusätzliche Bücher geschrieben habe, startete er damit die erfolgreichste Kickstarter-Kampagne aller Zeiten. Das Video hat inzwischen 1.4 Millionen Views, während Sandersons Kanal nur 375.000 Abonnenten hat. Wie erhielt er also so viel Aufmerksamkeit? Einige Tag bevor das Video online ging, erhielten einige ausgewählte Booktube*innen von Sandersons Team den Hinweis, dass es sich lohnen würde, das Video direkt anzusehen, wenn es live ginge und die eigene Reaktion darauf zu filmen. So setzt man Multiplikatoren ein. Mir selbst zeigte der Youtube-Algorithmus an selbigem Tag nicht das Originalvideo von Sanderson auf die Startseite an, sondern das von Daniel Greene mit dem Titel Sanderson Changed Publishing Today. Greene ist einer der Booktuber*innen, die einen Hinweis von Sandersons Team erhalten hatten und die eigene Reaktion darauf filmten.
Daniel Greene hat 418.000 Abonnenten, also mehr als Sanderson. Und er macht das hauptberuflich. Greene haut eine Menge Content raus, darunter auch regelmäßige News zu phantastischen Themen, Reaktionen auf Trailer wie zu Lord of the Rings: Rings of Power und natürlich Buchbesprechungen. Mir ist er teilweise etwas zu albern und der Humor wirkt ein wenig aufgesetzt. Da fehlt ihm der natürliche Charme eines Jack Edwards. Aber seine Buchbesprechungen schätze ich durchaus, zwar überschneiden sich unsere Geschmäcker nur teilweise, aber bei ihm weiß ich, woran ich bin.