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Was kannst du lesen, während du auf den nächsten Ben Aaronovitch wartest?

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© shell_ghostcage - pixabay

BUCH

 

Judith Vogt, 15.03.2018

Ben Aaronovitch schreibt mit schöner Regelmäßigkeit einmal im Jahr einen neuen Fall für Constable Peter Grant, den Experten für „abstrusen Scheiß“ in der Metropolitan Police. Die Flüsse von London war der erste Band, und der neuste Roman heißt Der Galgen von Tyburn. Wer wie ich einmal tief einatmet und schon den nächsten Band verschlungen hat, hungert vielleicht nach weiterer Urban Fantasy – mit oder ohne Krimi-Elementen! (Oder ist es eine Krimireihe mit Fantasy-Elementen?) Hier erfährst Du, womit Du Dir die Wartezeit versüßen kannst.

Comics!

Zu Die Flüsse von London gibt es eine bislang vierbändige Comicreihe, die nicht die Bücher adaptiert, sondern Peter und seinen Kollegen von der Metropolitan Police weitere Fälle präsentiert und die „Überlieferung“ der Romane erweitert. Leider bislang nur auf Englisch erhältlich, aber durchaus lohnenswert für akut Süchtige! 

Die Chronik des Eisernen Druiden

Kevin Hearnes bislang achtbändige Reihe wartet mit einem interessant-ungewöhnlichen Magiesystem, einem wilden Sammelsurium an Pantheons und der sehr lustigen Gedankenwelt eines irischen Wolfhunds (dem Vertrautentier des Protagonisten) auf. Die Reihe startet in den USA, stattet aber auch eher seltener besuchten Kulturen einen Besuch ab. Dabei kann man im Vorwort jedes Buches auch noch nachlesen, wie man die jeweiligen „indigenen“ Worte und Namen ausspricht.

Ich bin mir immer noch nicht sicher, wie ich die Covergestaltung der Reihe finde, Neuzeit-Druide Atticus sieht mir da doch etwas Pin-up-Boy-artig aus, aber man sollte Bücher ja auch nicht nach ihrem Cover beurteilen.

Die dunklen Fälle des Harry Dresden

Für den Fall, dass ihr den Shootingstar der Urban-Fantasy-Reihen noch nicht kennt: Jim Butchers Dunkle Fälle wurden bereits als (leider nur mäßig gelungene und früh abgesetzte) Serie verfilmt, mehrfach als Rollenspiel adaptiert und gehen immer noch weiter. Magier Harry Dresden steht in den Romanen nicht für Kindergeburtstage zur Verfügung, sondern ist der einzige waschechte Magier in den Gelben Seiten. Von Band zu Band nimmt auch hier die Dichte der Mythologie zu, die Harrys Welt von der unseren unterscheidet, und Harry verfängt sich immer mehr in den Intrigen der Vampir- und Feenhöfe. (Ganz zu schweigen von schwertschwingenden Kreuzrittern, rollenspielenden Werwölfen und dem Chloro-Feind!) Dass Jim Butcher mit seiner Reihe auch noch nicht zu Ende ist und Fragen nach dem nächsten Band im Moment sehr ungnädig aufnimmt, hat kürzlich zu einigen Diskussionen geführt – doch immerhin gibt’s schon sechzehn Bände Lesestoff für alle, die ihn noch nicht kennen!

Niemalsland

Auch das ist ein Klassiker – aber wer London und Fantasy sagt, muss auch Niemalsland von Neil Gaiman sagen. Ein ähnliches Schicksal wie Harry Dresden war auch diesem Roman beschert: Eine sehr mäßige Serienverfilmung konnte den Erfolg des Buchs zum Glück nicht verhindern, und heute gibt es neben dem Buch auch noch einen Comic und ein sehr hörenswertes englisches Hörbuch vom BBC mit illustren Sprechern (u. a. Natalie Dormer, Benedict Cumberbatch, James McAvoy, David Harewood …). Wer Niemalsland noch nicht kennt: In diesem recht frühen Roman von Neil Gaiman gibt es das „London below“ (auf Deutsch „Unter-London“), in dem die Namen aller U-Bahn-Stationen wörtlich genommen werden und finstere Kreaturen die unterirdische Stadt bewohnen. Als die junge Door als Einzige den Mord an ihrer Familie überlebt, gerät sie ins oberirdische London und ist auf die Hilfe eines ganz gewöhnlichen Bürohengstes angewiesen – oder schlummert doch noch mehr in Richard?

Dämonentor/The Laundry Files

Hier fällt mir die Empfehlung recht schwer: Die Laundry Files sind, wie der englische Name schon andeutet, eine gelungene Mischung aus X-Akten und cthulhoider Dämonen-Action. Von Harry Dresden und Co. unterscheidet es sich insofern, dass es sich eher an Themen aus der Science Fiction bedient – und auch der britische Humor und die Protagonisten machen Laune. Aber: Nur der erste Band wurde auf Deutsch übersetzt, und das leider auch recht schlecht. Was bei Die Flüsse von London sehr gut gelingt, nämlich das Übertragen von Humor in eine andere Sprache, gelingt bei Dämonentor leider nicht. Ich empfehle die Laundry Files also leider eher auf Englisch als auf Deutsch! Immerhin gibt’s dann da auch sieben Bücher mehr, damit der Lesestapel so schnell nicht kleiner wird.

Ein Sub-Genre für Jugendliche?

Wer gerne und viel Urban Fantasy liest, dem bleiben früher oder später die beiden Optionen „auf Englisch lesen“ oder „Jugendbücher lesen“ übrig, denn vielen tollen Urban Fantasy-Titeln war im Deutschen kein Erfolg beschieden. Viele sind rasch nicht mehr zu haben – oder es erscheint nur der erste Band, und die Serie wird dann nicht fortgesetzt. Im Jugendbuch hingegen funktioniert Urban Fantasy offenbar etwas besser – Paradebeispiel ist das Percy Jackson-Universum, das mittlerweile sowohl auf griechischer als auch ägyptischer und nordischer Mythologie basierende Romanreihen umfasst. Oder Laini Taylors Zwischen den Welten-Reihe, die allerdings im Laufe der Trilogie unsere hiesige Welt und die phantastische Kulisse von Prag verlässt und in eine Fantasy-Welt überwechselt. Auch die Maximum Ride-Reihe ist eine rasante Abenteuerfahrt aus dem Sub-Sub-Genre der Young Adult Urban Fantasy. (Kurze Eigenwerbung ohne Titelnennung: Ich habe mich nach der Prämisse „Buffy würde doch auch in der Eifel funktionieren!“ auch mal aufs Young-Adult-Urban-(Rural?)-Fantasy-Gelände gewagt und hatte beim Schreiben mit der Kombination Jugendliche und „abstruser Scheiß“ gewaltigen Spaß.)

Urbs – aber nicht Orbis

Mit Urban Fantasy, die nicht in unserer Welt angesiedelt ist, rutsche ich nun natürlich ein bisschen vom Ursprungsthema ab. (Noch?) Nicht auf Deutsch erhältlich ist Three Parts Dead von Max Gladstone, das in einen lakonischen Krimiplot in einer fiktiven Stadt entführt. Und China Miévilles New Crobuzon aus Perdido Street Station ist eine abgedrehte Stadtkulisse, die ans „London Below“ von Neil Gaiman erinnert, die Handlung ein irrer Mafia-Kunst-Wissenschafts-Gesellschaftsthriller.

 

Die Flüsse von London war übrigens eher ein Ausrutscher ins Krimigenre für mich. Ich bin in einem Tatort-und-Derrick-Haushalt aufgewachsen und überwinde mich nur dann zu Krimis, wenn ich das Thema wirklich, wirklich interessant finde. Bei Die Flüsse von London war es das Cover, das mich angesprochen hat – ja, ich habe ein Buch doch anhand seines Covers beurteilt! Nach Band 1 war ich zwar angenehm überrascht, aber nicht total weggeblasen. Meiner Meinung nach lohnt es sich sehr, nach den Folgebänden zu greifen, denn Aaronovitch steigert sich von Band zu Band und entfaltet ein interessantes Urban-Fantasy-Paralleluniversum mit mordsmäßigem Anteil an lakonischem britischem Humor.

Ich jedenfalls warte jetzt wieder monatelang und weiß immer noch nicht, was mit Peters Kollegin Lesley los ist. Help! 


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Das Gefühl ist sicher keiner Leseratte unvertraut: „Ich brauche mehr davon!“ Am liebsten würde man noch mehr Zeit mit den Protagonisten verbringen, noch ein paar Winkel ihrer Welt besuchen. Aber das geht nicht. Die letzten Seiten sind verschlungen, das leere Gefühl stellt sich ein: Was lese ich als nächstes? Natürlich gibt’s noch ein halbes Dutzend ungelesene Bücher im Regal oder im Stapel neben dem Bett, aber die sollen es gerade alle nicht sein …

Judith Vogt

Judith Vogt, aufgewachsen in einem Hundert-Seelen-Dorf in der Nordeifel und gelernte Buchhändlerin, steht seit 2010 als Schriftstellerin am anderen Ende der Buchnahrungskette. Sie lebt in Aachen und schreibt Romane, Rollenspiele, journalistische Artikel und Übersetzungen in ihrem Lieblingsgenre Phantastik und SF.


www.jcvogt.de