Die Erkenntnis, dass insbesondere Science-Fiction-Filme unsere Wahrnehmung beeinflussen, ja sogar unserer Realität über kurz oder lang Form geben, ist nicht neu. Man denke nur an den klapprigen Star-Trek-Kommunikator aus den 60ern, der Martin Cooper als Inspiration für den ersten Mobiltelefon-Prototyp gedient haben soll. Dass Filme jedoch politische Diskurse anregen und gar die Gesetzgebung maßgeblich mitgestalten können, ist eher selten. Doch der halb als Thriller, halb als High-School-Komödie konzipierte Film WarGames, für dessen Umsetzung Saturday Night Fever-Regisseur John Badham angeheuert wurde, traf in der Tat mehr als einen Nerv.
So weit, so lausbübisch
Der Film beginnt in den Katakomben des Nordamerikanischen Luft- und Weltraum-Verteidigungskommandos NORAD mit einer Dosis Drama. Nachdem mehrere Offiziere bei Probealarmen dem Frühwarnsystem misstrauten und sich weigerten, den Schlüssel zum Start der Raketen zu drehen, soll der „War Operation Plan Response“-Computer, kurz W.O.P.R. (sprich „Whopper“), diese ablösen. Währenddessen verbringt High-School-Schüler und Computer-Geek David Lightman (gespielt von Matthew „Ferris Bueller“ Broderick) seine Freizeit damit, Arcade-Games zu zocken und seine Freundin Jennifer (Ally Sheedy, Breakfast Club) damit zu beeindrucken, sich mit einem Dial-up-Modem in den Schulcomputer einzuwählen, um die eigenen Noten zu frisieren. So weit, so lausbübisch. Brenzlig wird es erst, als David nicht auf die Veröffentlichung eines Videospiels warten will und sich in den Firmencomputer des Spieleherstellers Protovision einzuwählen versucht. Doch statt Protovision knackt er – wer hätte es gedacht – aus Versehen das W.O.P.R.-Frühwarnsystem. Auf die Aufforderung des selbstlernenden Supercomputers hin, „Wollen wir ein Spiel spielen?“, startet David völlig ahnungslos die Simulation „Globaler thermonuklearer Krieg“. Und diese lässt sich natürlich nicht mehr so einfach stoppen.
Als der Film 1983 in die Kinos kam, gewann nicht nur der Heimcomputer an Popularität, auch der Kalte Krieg erreichte nach der sogenannten Tauwetter-Periode der 70er Jahre einen erneuten Höhepunkt. USA und Sowjetunion verhärteten die Fronten; ein atomarer Weltkrieg schien mehr als plausibel. So brachte die fiktive Darstellung eines Teenie-Hackers, der beinahe einen Atomkrieg auslöst, die Machthaber in Washington kräftig ins Schwitzen und führte zu Gesetzesverschärfungen unter Reagan und dem sogenannten CFAA, kurz für „Counterfeit Access Device and Computer Fraud and Abuse Act“. Man hatte Ehrfurcht vor der unübersichtlichen Welt der Computer, die man nur mit Hilfe von Experten bedienen konnte. Mehr noch: Man traute den Experten und Geeks nicht, die sich durch ihren Wissensvorsprung vermeintlich überall Zugriff verschaffen konnten. Da half auch die Darstellung der liebenswert autistischen Geek-Stereotypen Malvin und Jim nichts, die David letztendlich auf die richtige Spur bringen.