Judith Madera ist Literatopia-Chefredakteurin und Herausgeberin des Online-Fanzines PHANTAST. Seit 2019 schreibt sie gelegentlich für TOR online über Science Fiction, Anime und Manga. Mehr unter www.literatopia.de
BUCH
Judith Madera, 12.10.2019
Science Fiction gilt als männliches Genre. Trotzdem haben Frauen immer schon SF geschrieben und das Genre nachhaltig geprägt. Wir widmen uns heute den Autorinnen in der deutschsprachigen Science Fiction. Ein (kleiner) Überblick von Judith Madera.
Metropolis – monumentales Meisterwerk des SF-Films, Inspiration für Autor*innen weltweit, untrennbar verbunden mit dem Namen des Regisseurs Fritz Lang, weniger mit dem von Thea von Harbou, die Romanvorlage und Drehbuch schrieb. Die deutsche Autorin und Theaterschauspielerin erschuf mit Metropolis eine zeitlose Vision einer futuristischen Megastadt, die zugleich technische Utopie und gesellschaftliche Dystopie ist. Auch neunzig Jahre danach kämpfen Autorinnen immer noch um ihre Sichtbarkeit. Dabei gibt es sie schon lange, die SF schreibenden Frauen, wie man erkennen kann, wenn man einen Blick um die heftig umkämpfte Liste der deutschsprachen SF-Autorinnen in der Wikipedia wirft. Dieser Artikel widmet sich den Wegbereiterinnen der deutschen SF, sowie der neuen Generation SF – Autorinnen, die aus Konflikten und Chancen unserer Gegenwart ganz eigene Zukunftsvisionen spinnen.
Pionierinnen im Heftroman
Vor und mit den ersten Flügen ins All wurden Utopien und Space Operas populär. Während internationale Titel als Taschenbuch oder gar Hardcover erschienen, entwickelte sich die (west-)deutsche SF im Bereich der Heftromane und öffnete sich Mitte der 1970er für die ersten professionellen SF-Autorinnen. Marianne Sydow schrieb zunächst für die Heftromanserien TERRA ASTRA und Atlan und veröffentlichte 1976 als erste Frau beim SF-Dauerbrenner Perry Rhodan. In Netz des Todes (Band 795) führte sie mit Jennifer Thyron einen der wichtigsten weiblichen Charaktere des Weltraumabenteuers ein. Insgesamt verfasste Sydow über 60 Romane der Kultserie, hinzu kamen mehrere Kurzgeschichten in Sonderausgaben.
Im Vergleich zum Weltraumabenteuer Perry Rhodan setzten die Terranauten verstärkt auf gesellschaftskritische Themen und rückten den Kampf gegen die Zerstörung unseres Heimatplaneten in den Vordergrund. Unter dem Pseudonym Eva Christoff veröffentlichte die inzwischen eher als Übersetzerin bekannte Autorin Eva Bauche-Eppers immerhin sechs Romane – als einzige Frau im Team. Zur gleichen Zeit erschien die Taschenbuchreihe Die Söhne der Erde von Susanne Ursula Wiemer, ein Mix aus Fantasy und SF, der zwar mit einem gänzlich anderen Setting aufwartete, aber ebenso wie die Terranauten auf Flucht- und Befreiungsszenarien sowie Rebellion von Minderheiten setzte.
Während in Westdeutschland vermehrt Frauen für SF-Serien schrieben, machte sich in der DDR Angela Steinmüller (gemeinsam mit ihrem Mann Karlheinz Steinmüller) einen Namen und wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Kurd-Laßwitz-Preis. Bereits ihr Debütroman, die Weltraum-Utopie Andymon, war ein großer Erfolg und bis heute zählen die Steinmüllers zu den wichtigsten SF-Autor*innen Deutschlands.