Science Fiction

Die 100 besten Science-Fiction-Bücher aller Zeiten (2 von 4)

Die 100 besten Science-Fiction-Bücher aller Zeiten (2 von 4)

TOR Team, 15.03.2019

Weiter geht's: die 100 besten Science-Fiction-Romane aller Zeiten (Teil 2, Titel 26 bis 50). Die Liste stellt kein Ranking dar. Weitere Teile der Serie hier: 

Zur Auswahl von "Die 100 besten Science-Fiction-Bücher aller Zeiten" auf Tor Online: Innerhalb von zwei Wochen reichten 219 Teilnehmer 1099 Nominierungen ein, die sich auf insgesamt 450 verschiedene Titel verteilten. Aus diesen 450 Bücher hat eine sechsköpfige Jury (drei Frauen, drei Männer) ihre 100 Favoriten ausgewählt. 

Die Nummern vor den Titeln stellen keine Platzierungen und kein Ranking dar, sondern dienen nur zur Orientierung!

#26 Der Report der Magd - Margaret Atwood (The Handmaid’s Tale, 1985)
Moderner Klassiker der dystopischen Literatur, gerade durch die aktuelle Serienadaption und die reaktionären politischen Entwicklungen in den USA wieder hochaktuell und immer noch sehr brisant. Über eine religiöse Diktatur in den USA, in der Frauen massiv unterdrückt werden, da sie durch eine nukleare Katastrophe fast alle unfruchtbar wurden, und die wenigen fruchtbaren Frauen wie Zuchtvieh gehalten werden.

#27 A Door into Ocean – Joan Slonczewski
Sieben Romane hat die amerikanische Molekularbiologin Joan Slonczewski zwischen 1980 und 2011 veröffentlicht, von denen keiner bisher auf Deutsch erschienen ist (nur ein Sachbuch über Mikrobiologie). Was aber unser Jurymitglied Josefons nicht von der Lektüre abgehalten hat, der diesen Titel als eines seiner drei gesetzten Bücher für die Bestenliste ausgesucht hat. Auf dem fiktiven Moond Shora benutzen die sogenannten Sharer (Teiler) genetische Manipulationen, um das Ökosystem Shoras zu kontrollieren. Sie sind eine friedliche, spirituelle Gesellschaft, die gewaltlosen Widerstand lebt. Sprachlich kennen sie keine Unterschied zwischen Objekt und Subjekt, oder weiblich und männlich. Ökofeministische Ideenliteratur, die sich nicht hinter Ursula K. Le Guin zu verstecken braucht. Gewann 1987 den John W. Campbell Memorial Award for Best Science Fiction Novel.

#28 Binti - Nnedi Okorafor (2015)
Nnedi Okorafors Binti erschien in dieser wunderbaren Novellenreihe von Tor.com, die dem Kurzroman im englischsprachigen Raum zu einer Renaissance verhalf. Und wie viele andere AutorInnen, die in dieser Reihe veröffentlichen, nutzt auch Okorafor die Möglichkeit, in der Novellenform aus den üblichen Erzählstrukturen auszubrechen, und erzählt von einer jungen Frau aus dem Volk der Himba, die an einer renommierten intergalaktischen Universität akzeptiert wurde, von zu Hause wegläuft und in eine Raumschiffentführung durch Quallen-Aliens gerät. Inzwischen sind auch zwei Fortsetzungen erschienen.

#29 Liebe ist der Plan - James Tiptree jr.
Und noch ein Erzählband von Alice B. Sheldon unter ihrem Pseudonym, der deutlich radikalere Geschichten erhält als noch Doktor Ain. Sie erzählt z. B. davon, dass die Männer weltweit anfangen, blindwütig Frauen umzubringen, was vom Vatikan wohlwollend aufgenommen wird. "Tiptrees Science-Fiction-Erzählungen zeichnen sich durch ungewöhnliche Sensibilität, hohe Intelligenz und einen herrlich trockenen, mitunter fast zynischen Humor aus", schreibt Literaturkritiker Denis Scheck.

#30 Little Brother - Cory Doctorow (2008)
Hochaktueller Jugendroman von Cory Coctorow über eine Gruppe von Schülern, die nach einem Terroranschlag (mit dem sie nichts zu tun haben) ins Visier staatlicher Sicherheitsbehörden geraten, in einer Gesellschaft, die sich immer mehr zum autoritären Überwachungsstaat wandelt, und in der es die Jugend ist, die auf kreative Weise Widerstand leistet. Geschrieben in den Nachwehen des Anschlags vom 11. September, gelingt es Doctorow, Orwells Themen aus 1984 in ein modernes Szenario zu verlagern. So begeistert man die Jugend für politisch brisante und kritische Science Fiction.

#31 Die Mars-Chroniken - Ray Bradbury (The Martian Chronicles, 1950)
Einer der großen Klassiker der SF-Literatur, der noch gerade so aus jener Zeit stammt, in der man sich die Planeten unseres Sonnensystems als unglaublich exotische Orte vorgestellt hat, die Venus z. B. als Dschungellandschaft. Bradbury beschreibt die Kolonisierung des bewohnten Mars in Zeiten der politischen Unruhen auf der Erde, wodurch auch die Besiedlung des Roten Planeten und das Terraforming insgesamt nicht friedlich verlaufen. Ein Roman über den Zusammenprall unterschiedlicher Kulturen und den Weltraum und andere Planeten als Projektionsfläche für menschliche Konflikte.

#32 Metro 2033 - Dmitri Glukhovsky (Метро 2033, 2007)
Der russische Autor Dmitri Glukhovksky erzählt vom Leben nach einem Atomkrieg in Moskau, im größten Atombunker der Welt: der Moskauer Metro. Deren einst prachtvollen Stationen bilden nun die Welt mit ihren politischen Systemen im Kleinen ab. Bedroht durch die sogenannten Schwarzen (Mutanten), die ihm immer wieder in Visionen erscheinen, begibt sich Artjom im Auftrag von Hunter auf den Weg, der Polis von der Bedrohung zu berichten. Was für den jungen Mann zu einer abenteuerlichen Odyssee durch eine bedrohliche Welt im Untergrund und auf der verseuchten Oberfläche führt. Richtig bekannt wurde die lose Romanreihe dann durch die Computerspielumsetzung als Egoshooter. Glukhovsky ist neben Sergej Lukianenko wohl aktuell die wichtigste russische Stimme in der Science Fiction und deutlich politischer als dieser.


#33 Otherland von Tad Williams (1996 - 2002)
Bei einigen Werken auf dieser Liste hier ist es gar nicht so einfach zu entscheiden, ob man ein einzelnes Buch nimmt, oder gleich die ganze Reihe. Nimmt man nur Asimovs Foundation von 1951, die erste Trilogie oder gar alle in diesem Universum spielenden Bücher? Bei anderen ist klar, welchen Roman man nimmt. Bei Frank Herberts Wüstenplanet dürften sich fast alle einig sein, während die Fortsetzungen eher mau ausgefallen sind. Ebenso eindeutig dürfte sein, dass man Tad Williams' Otherland-Quadrologie, die in der deutschen Übersetzung knapp 4.000 Seiten umfasst, zusammen als ein in sich geschlossenes Werk sieht. Ein Maßstäbe setzendes Opus Magnum über Virtuelle Realität, das ethnische Vielfalt, eine weltweite Verschwörung und schier unerschöpflichen Ideenreichtum bietet. Ein Werk, dass so vielschichtig und komplex ist, dass es nahezu unmöglich ist, den Inhalt in wenigen Zeilen zusammenzufassen.

#34 Per Anhalter durch die Galaxis - Douglas Adams (The Hitchhiker‹s Guide to the Galaxy, 1979)
Mit Science Fiction und Humor ist das so eine Sache, in der Regel hat sie es nicht so damit. Dass es auch anders geht, zeigte der britische Autor Douglas Adams 1979 mit seiner Saga um den Erdling Arthur Dent und seinen intergalaktischen Freund Ford Prefect. Dass dieser aus dem All stammt, wo es tatsächlich noch weiteres intelligentes Leben neben der Menschheit gibt - sofern man bei der davon sprechen kann -, erfährt er erst, als die poetisch veranlagten Vogonen auftauchen und der Menschheit mitteilen, dass die Erde einer intergalaktische Umgehungsstraße weichen soll. Also packt Arthur sein Handtuch auf die Schulter und düst mit auf Abenteuerreise durchs All, das eigentlich ein ganz lustiger und unterhaltsamer Ort ist, solange man kein Roboter namens Marvin ist. Doch der Roman ist nicht nur urkomisch, sondern auch sehr klug, beantwortete er doch endgültig die Frage nach dem Sinn des Lebens. Darf auf keiner Bestenliste fehlen, die mehr als 41 Plätze hat.

#35 Perdido Street Station (Die Falter/Der Weber) - China Miéville (2000)
Science Fiction? Weird Fiction? Weird Fantasy? Über die Genrezugehörigkeit von China Miévilles erstem Bas-Lag-Roman lässt sich trefflich streiten, die moderne Gesellschaft, in der er spielt, lässt die SF-Deutung aber zu. Handlungsort ist New Crobuzon, eine moderne Metropole mit multikultureller Bevölkerung, wozu neben Menschen auch Personen gehören, die eher Insekten oder Vögeln ähneln. In schwüler Atmosphäre sorgen die Falter für luzide Alpträume unter den Bewohnern, während der Wissenschaftler Isaac Dan der Grimnebulin einer Verschwörung um die Nachtfalter auf die Spur kommt. Der Trotzkist und promovierte Soziologe Miéville entwirft ein komplexes und bizarres Gesellschaftsporträt, das reale Entwicklungen aufgreift und sie bis ins Groteske überzeichnet, in einem opulenten und faszinierenden Szenario, und das alles in einer poetischen, sich überschlagenden Sprache, die die Lektüre nicht jedem leicht macht.

#36 Picknick am Wegesrand - Arkadi und Boris Strugatzki (Piknik na obotschinje, 1972)
Sechs Zonen gibt es auf der Erde, in denen man außerirdische Technologie findet, die diese nach einem Picknick am Wegesrand zurückgelassen haben. Doch um diese Artefakte zu bergen, gehen die sogenannten Stalker (Schatzgräber) ein hohes Risiko ein, haben diese Hinterlassenschaften doch teils gefährliche Auswirkungen auf ihre Umgebung. Das Buch entwirft kein großes globales Panorama, sondern konzentriert sich auf die einfachen Menschen, die sich am Rande und in der Zone durchschlagen. Die Systemkritik am Sowjetregime findet subtil zwischen den Zeilen statt. Vermutlich das bekannteste Science-Fiction-Buch aus der Zeit des Kalten Krieges, das hinter dem sogenannten Eisernen Vorhang geschrieben wurde, und auch ein zeitloser Klassiker der SF.

#37 Die Reise zum Mittelpunkt der Erde - Jules Verne (Voyage au centre de la terre, 1864)
Professor Otto Lidenbrock ist überzeugt, dass man weit ins Innere der Erde vordringen kann, genauer gesagt, bis zu ihrem Mittelpunkt. Um dies zu beweisen, steigt er zusammen mit seinem Assistenten Axel und dem Jäger Hans auf Island in den Krater des Vulkans Sneffels Yocul hinab, wo sie im Laufe ihrer Expedition wahrlich phantastische Abenteuer erleben. Eigentlich handelt es sich hierbei um klassische Abenteuerliteratur, wie man sie auch bei Edgar Rice Burroughs und Henry Rider Haggard findet, doch durch den wissenschaftlichen Ansatz über die Erkundung unbekannter Regionen unserer Erde kann man den Roman durchaus auch der Science Fiction zuschlagen. Auf jeden Fall ein Klassiker, der die Blaupausen für ein ganzes Abenteuergenre legte.

#38 Ringwelt - Larry Niven (Ringworld, 1970)
Ein eher technokratischer Blick in ein Zukunft, in der die Menschheit und einige außerirdische Rassen, die die sogenannte Ringwelt erkunden wollen - ein verlassenes Monument einer längst verschwundenen Zivilisation, das um eine Sonne rotiert. Ideenliteratur at its best und Auftakt zu einer ganzen Reihe von Romanen, die sich mit dieser faszinierenden, künstlich geschaffenen Welt beschäftigen.

#39 Snow Crash - Neal Stephenson (1992)
Einer jener wenigen Romane, die sich (ähnlich wie Neuromancer oder Hyperion) schnell zu modernen Klassikern entwickelten und von der Presse teils etwas zu ernst genommen wurde, obwohl der Name des Helden - Hiro Protagonist - eine gewisse parodistisch/satirische Strömung bereits andeutete. In einer nahen Zukunft ist Hiro ein Samuraischwert schwingender Pizzalieferant für die Mafia, der seine Lieferung innerhalb von 30 Minuten an den Mann bringen sollte, wenn er nicht mit einbetonierten Füßen im Meer landen möchte. Mit dieser Ausgangsbasis greift Stephenson viele Motive des Cyberpunks auf und treibt sie in einer rasanten Geschichte mit vielen faszinierenden Ideen auf die Spitze.

#40 Solaris - Stanislaw Lem (1961)
Wer nur die Soderbergh-Verfilmung mit George Clooney kennt, dürfte sich bei Lektüre des Romans wundern. Statt einer drastischen Beziehungsgeschichte vor zauberhaftem Hintergrund gibt es einen eher nüchternen, wissenschaftlichen Report über den vollständig von einem Ozean bedeckten Planeten Solaris. Als der Wissenschaftler Kelvin auf einer Station auf Solaris ankommt, findet er dort chaotische Zustände vor: Mitarbeiter verhalten sich merkwürdig, und zwischen Traum und Realität verschwinden die Grenzen. Als der Roman 1970 in den USA erschien, kam er Ursula K. Le Guin wie eine Offenbarung vor, wie sie im Vorwort zu einer neueren Ausgabe schreibt. Sie löste auch einen kleine Skandal aus, als eine Initiative scheiterte, Lem als Ehrenmitglied in die SFWA (Science Fiction Writers Association) aufzunehmen, woraufhin Le Guin es ablehnte einen Nebula Award für eine Erzählung anzunehmen. Solaris ist ein intellektuell vielschichtiger Roman, voller faszinierender Geheimnisse, allerdings auch ein Kind seiner Zeit in Bezug auf die Rolle von Frauen.

#41 Der Splitter im Auge Gottes - Larry Niven und Jerry Pournelle (The Mote in God's Eye, 1974)
Eine Mischung aus Space Opera und Erstkontaktroman, in dem die Menschheit erst auf eine außerirdische Rasse stößt, nachdem sie selbst schon ein großes, intergalaktisches Imperium aufgebaut hat und technologisch weit fortgeschritten ist. Einer der wenigen SF-Romane, denen es gelingt, eine fremde Rasse als etwas wirklich Fremdartiges darzustellen, und nicht nur als Variation des Menschen. Zur Zeit seiner Veröffentlichung war der Roman ein Meilenstein in Sachen First Contact.

#42 Die Triffids - John Wyndham (The Day of the Triffids, 1951)
Ungewöhnlicher Apokalypseroman und Klassiker über eine nach einem Meteoritenregen erblindete Menschheit, die im Chaos versinkt und sich gegen Seuchen und die Triffids durchschlagen müssen. Triffids sind Pflanzen, die zur Ölgewinnung gezüchtet wurden, aber auch herumlaufen und mit ihren giftigen Tentakeln Menschen töten. Der Roman des britischen Autors kommt eher im nüchternen Reportagestil daher, lebt aber vor allem von seinem faszinierenden und originellen Szenario und der Behandlung der moralischen Fragen, die daraus entstehen. Wer großes Spektakel erwartet, sollte allerdings gewarnt sein, das Buch ist mit britischer Gemütlichkeit und den skurrilen Figuren eines Barnaby-Krimis gesegnet, was es nur noch lesenswerter macht.

#43 Ubik - Philip K. Dick (1969)
Wer kürzlich die für Aufsehen sorgende interaktive Black Mirror-Folge Bandersnatch gesehen hat, dem dürfte das Ubik-Poster in der Wohnung des Programmierers Colin aufgefallen sein. Es spricht wohl für sich, das die einflussreichste Science-Fiction-Serie unserer Zeit auf diesen Roman Dicks aus dem Jahr 1969 verweist, der mehrere Realitätsebenen miteinander verschachtelt und die uns bekannte Realität infrage stellt. Die Hauptfigur ist Joe Chip, der für eine Behörde arbeitet, die Telepathen davon abhalten soll, in die privaten Gedanken anderer Menschen einzudringen. Die Gegner sind eine Organisation von Telepathen, die sich auf Industriespionage und andere "Schandtaten" spezialisiert hat. Und dann wäre da noch das titelgebende Ubik, eine Substanz, ein Spray mit wundersamen Fähigkeiten, das mit unserer Realität herumpfuscht. Schon viele haben sich an einer Deutung der Handlung versucht. Doch sie sind stets gescheitert.

#44 Das Unsterblichkeitsprogramm - Richard Morgan (Altered Carbon, 2002)
Ein arschcooler Hard-Boiled-Krimi in einem eindeutig von William Gibson beeinflussten Cyberpunkszenario, in dem die Menschheit - also jener Teil, der es sich leisten kann - praktisch unsterblich geworden ist, weil das Ich digital hochgeladen und per Stacks, die im Nacken sitzen in sogenannte Sleeves - künstlich gezüchtete Körper - geladen werden können. Und so kommt es, dass der ehemalige Elitesoldat Takeshi Kovac von einem reichen Unternehmer beauftragt wird, dessen eigene Ermordung aufzuklären. Besticht vor allem durch seine Noir-Atmosphäre, das gut ausgebaute Zukunftsszenario und die kompromisslose Härte. Der Roman erschien schon 2002, erhielt aber im letzten Jahr wieder viel Aufmerksamkeit durch die aufwendige und durchaus gelungene Netflix-Serienadaption.

#45 Uhrwerk Orange - Anthony Burgess (Clockwork Orange, 1962)
Wurde spätestens 1971 durch die Kultverfilmung Stanley Kubricks weltbekannt, und bei uns hier in Deutschland auch durch den Song Hier kommt Alex von den Toten Hosen. Alex ist die Hauptfigur, ein Jugendlicher in einer nahen Zukunft, der Gewalt einfach ausübt, weil er Spaß daran hat. Bis er wegen Mordes verurteil wird und eine Gehirnwäsche erhält, nach der man ihn wieder freilässt, woraufhin er jetzt ganz zahm selbst zum Opfer wird. Auf der Metaebene geht es um die Frage, ob man den Menschen ihren freien Willen (auch zur Gewalt) lassen sollte, oder sie gegen Gewalt konditionieren kann. Die große Besonderheit des Romans ist die Sprache, jener Kunstslang, den Alex' Bande, die Droogs, verwendet.

#46 Die Letzten der Menschheit – Walter Tevis (Mockingbird, 1980)
Walter Trevis dürfte heutzutage den wenigsten deutschsprachigen LeserInnen ein Begriff sein, dabei gibt es einige berühmte Verfilmungen seiner Werke, wie zum Beispiel Die Farbe des Geldes mit Paul Newman und Tom Cruise oder Der Mann, der vom Himmel fiel mit David Bowie. Er hat auch nur sechs Romane geschrieben, darunter Die letzten der Menschheit mit einem Near-Future-Szenario, in dem die Menschen mittels Drogen/Medikamenten/Routinen ihre Gefühle unterdrücken, während Androiden und Roboter langsam die Kontrolle übernehmen. Ein meisterhafter Roman über den selbstverursachten Niedergang der Menschheit.

#47 Wir waren außer uns vor Glück - David Marusek
David Marusek gehört - ähnlich wie Ted Chiang - zu jenen SF-Autoren, die vor allem mit ihren Kurzgeschichten für Aufsehen sorgen. Wir waren außer uns vor Glück erschien in dieser Form nur in Deutschland, und hinterließ mit seinen nur fünf enthaltenen Kurzgeschichten bleibenden Eindruck in der deutschsprachigen SF-Szene, sind sie doch auf hohem visionären Niveau verfasst. Sie nehmen auch viel vom Charakter der Anthologieserie Black Mirror vorweg, indem sie die Auswirkungen des technologischen Fortschritts auf den Alltag weiterdenken.

#48 Ein Junge und sein Hund - Harlan Ellison (A Boy and His Dog, 1969)
Es gibt nur wenige Kurzgeschichten, die ähnlich großen Einfluss haben wie die meisten Romane auf dieser Liste. Vor allem im deutschsprachigen Raum, in dem die Kurzgeschichtenkultur anders als im angloamerikanischen Raum keine Rolle spielt. Ein Junge und sein Hund von Harlan Ellison ist so eine Geschichte, schon an der Grenze zur Novelle. Über den Jungen Vic und seinen Hund Blood, der ihm in einer postapokalyptischen Welt entscheidend zur Seite steht und Vic vor eine wichtige moralische Entscheidung stellt, als dieser die junge Valerie kennenlernt. Wie oft bei Ellison absolut kompromisslos erzählt und mit bösem (?) Ende. Hat unsere Jurorin Claudia Kern so begeistert, dass sie die Geschichte für die finale Liste gesetzt hat. Wurde übrigens 1975 mit Don Johnsons in einer seiner ersten Rollen verfilmt.

#49 Die vergessene Welt - Arthur Conan Doyle
Schon 78 Jahre vor Michael Crichtons Jurassic Park ließ Sherlock-Holmes-Schöpfer Arthur Conan Doyle die Dinosaurier wiederauferstehen bzw. gar nicht erst ganz aussterben. Der junge, ehrgeizige Journalist Edward Dunn Malone begleitet den Biologen Professor Challenger auf eine Expedition in den südamerikanischen Dschungel, wo sie auf ein bis dato unerschlossenes und isoliertes Plateau stoßen, auf dem Tiere aus der Urzeit überlebt haben. In erster Linie ein großer Abenteuerroman (in Reiseberichtform), aber auch eine Betrachtung möglicher alternativer Evolutionsverläufe und insulärer Entwicklungen, wie wir sie heutzutage nur noch in der unerforschten Tiefsee erwarten. Das ist Kanon, wenn auch geprägt von einem gewissen kolonialromantischen Abenteuergeist.

#50 Gelb - Jeff Noon (Vurt, 1993)
Sieger des Arthur C. Clarke Award 1994, spielt im Manchester einer alternativen Version Englands, in der die Gesellschaft durch die halluzinogene Droge Vurt, die man von einer gelben Feder leckt, geprägt ist und die Träume und Mythologien "Wirklichkeit" werden lässt. Ein schräger, psychodelischer SF-Trip in die Abgründe des menschlichen Verstandes, stark beeinflusst von William S. Burroughs. In Deutschland hat sich Noon nie so ganz etablieren können.