Im Interview zu seinem neuen Science-Fiction-Roman "Die letzte Kosmonautin" spricht Brandon Q. Morris über sein Verhältnis zur DDR in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
TOR ONLINE: Hallo Brandon, danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Magst du uns deinen neuen SF-Roman "Die letzte Kosmonautin" kurz in drei Sätzen pitchen?
Brandon Q. Morris: A Space Odyssey meets Stalker meets Philip K. Dick in einer alternativen Zeitlinie, in der die DDR bis 2029 überlebt hat. Oder konkreter: Während auf einer alternativen Erde das mysteriöse Verschwinden eines Forschers aufzuklären ist, kämpft eine einsame Kosmonautin im Orbit gegen die Technik und eine Verschwörung um ihr Leben.
Spannend, die DDR existiert noch im Jahr 2029 und schickt Menschen ins All. Welche Beziehung hast du zur ehemaligen DDR?
Mein Verhältnis zur DDR ist zwiespältig. Ich bin dort aufgewachsen und weiß, wovon ich schreibe. Ich hatte insgesamt eine ziemlich glückliche Kindheit, aber ich habe das Land auch als die Diktatur erlebt, die sie war, und den Sozialismus als gescheiterte Wirtschaftsform. Überlebt hat die DDR im Buch nicht, weil sie erfolgreicher oder irgendwie besser gewesen wäre als andere Länder im ehemaligen Ostblock, sondern weil man in der Lausitz reiche Ölvorkommen fand. Das Land ist damit zu einer Art Ost-Scheichtum geworden, und ihre Bürger tauschen mehrheitlich ökonomisches Wohlergehen gegen bürgerliche Freiheiten, wie es heute in China oder den Emiraten der Fall ist.
ESA, NASA oder auch Space X – damit verbindet man wohl die letzten Raumfahrten. Über das Raumfahrtprogramm der DDR ist verhältnismäßig wenig bekannt beziehungsweise nicht in unserem Bewusstsein. Was war, deiner Ansicht nach, die größte Errungenschaft Ostdeutschlands in dieser Hinsicht?
Mit dem Begriff "Errungenschaft" tue ich mich ein bisschen schwer. Insgesamt hatte die Raumfahrt zwar eine hohe propagandistische Bedeutung, aber nur ein geringes Budget, pro Kopf etwa ein Achtel der Bundesrepublik. Die letzte Kosmonautin musste deshalb im Buch auch eine ausgediente Raketenstufe als "Raumstation Völkerfreundschaft" beziehen. Das geringe Budget hat Techniker und Forscher allerdings zwangsweise besonders kreativ werden lassen. Das beeindruckendste Ergebnis ist sicher die Multispektralkamera MKF-6, die technisch damals Weltspitze war. Sie hat so gut funktioniert, dass sie (zum Leidwesen der DDR, die jede Devisenquelle brauchte) auf Anordnung des "großen Bruders" nicht in den Westen exportiert werden durfte. Im Roman spielt ihr hypothetischer Nachfolger MKF-8 eine wichtige Rolle.