Alessandra Reß, 02.09.2018
Die Zukunft sieht düster aus – jedenfalls, wenn es nach der postapokalyptischen Literatur geht. Doch ganz gleich, ob es Atomwaffen, Zombies oder die Sonne sind, die unsere Zivilisation auseinanderbrechen lassen: In den meisten Fällen geht es danach irgendwie weiter.
Postapokalypse – das ist das, wo man um Benzin kämpft und Atemschutz mit Dreadlock trägt. So zumindest der Eindruck, wenn man an gängige (Film-)Klassiker des Genres von Mad Max bis Waterworld denkt. Verstärkt wird er noch durch den Einfluss, den solche Werke auf Szenen und Subkulturen von den Preppern bis zum Burning-Man-Festival genommen haben. Dabei ist das postapokalyptische Genre – eigentlich ein Subgenre der dystopischen Literatur – inzwischen sehr vielfältig und verbindet scheinbar unversöhnliche Brüder wie den Gesellschaftsroman und die Fantasy.
Vom Wissenschaftsoptimismus zur Endzeitstimmung
(Post-)Apokalyptische Geschichten erzählen stets vom Ende menschlicher Zivilisation oder von deren Überresten und Neuentwicklung. Sie existieren quasi, seit sich die Menschheit Gedanken über die Vergänglichkeit ihrer Gemeinschaften gemacht hat. Nicht verwunderlich daher, dass die Apokalypse auch zentrales Motiv verschiedener Religionen ist: Im jüdischen, islamischen und christlichen Glauben ist die Apokalypse als Jüngstes Gericht bekannt, bei den Germanen als Ragnarök, im Hinduismus und Buddhismus ist in der Vorstellung der Kalpas eine ständige Erneuerung der Welt inbegriffen – und um Neues entstehen zu lassen, muss das Alte bekanntlich erst vernichtet werden.
In der phantastischen Literatur der Neuzeit kann ein Startpunkt mit Mary Shelleys Verney, der letzte Mensch von 1826 gesetzt werden. In diesem wissenschaftskritischen Roman ist es die Pest, die die Menschheit ausrottet und letztendlich (vorerst) nur den Protagonisten überleben lässt. Auch in den nachfolgenden Jahrzehnten fanden sich immer wieder postapokalyptische Motive in der Literatur, etwa in H. G. Wells‘ Die Zeitmaschine oder Richard Jefferies After London.
Hochkonjunktur bekam die postapokalyptische Literatur jedoch ab den 1950er Jahren. Die Gründe dafür sind in einem Wandel gesellschaftlicher Geisteshaltungen zu sehen: Mary Shelley wurde für ihren Fortschrittspessimismus noch kritisiert; bis Anfang des 20. Jahrhunderts träumte man von fliegenden Autos, vom ferngesteuerten Haushalt und der Besiedelung des Mondes. Doch die technische Entwicklung blieb nicht nur hinter den gesellschaftlichen Erwartungen zurück, sondern zeigte auch immer mehr ihre Schattenseiten. Katastrophale Unfälle in der Raumfahrt dämmten den Optimismus ebenso wie moderne Kriegsführung, zudem trieben das Ozonloch und der Rohstoffmangel düstere Szenarien an.