Seit Jahren prägen Autorinnen mit ihren Geschichten das als Männerdomäne bekannte Genre der Science Fiction. Wir werfen ein Schlaglicht auf die Frauen in der SF-Literatur – Teil 2 widmet sich der TOR-Autorin Becky Chambers.
Von Raketenwissenschaft und Crowdfunding
Rebecca Marie Chambers wurde 1985 in Südkalifornien geboren, als Kind einer Astrobiologin und eines Raumfahringenieurs. Natürlich richtete sich ihr Blick früh auf die Sterne und auf die Geschichten, die man mit den Sternen erzählen kann, und neben ihrem Theaterstudium und einigen Jahren Arbeit im Theater schrieb sie Texte für The Mary Sue, Tor.com und viele andere Online-Portale.
Für ihren Debütroman fand sie jedoch erst einmal keinen Verlag – Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten entstand 2012 dank einer Crowdfunding-Kampagne auf der Plattform Kickstarter. Dreiundfünfzig UnterstützerInnen trugen $ 2.810 zusammen, um Chambers‘ Projekt einer optimistischen, diversen, queeren Space Opera zu verwirklichen.
Auch nach dem Crowdfunding fand Becky Chambers nicht sofort einen Verlag, sondern vermarktete das Buch als Indie-Autorin. Erst 2015 kam es bei Hodder & Stoughton und Harper Voyager unter und wurde prompt für so ziemlich alle großen Genrepreise nominiert, darunter der Arthur C. Clarke Award. 2016 setzte sie die Reihe mit Zwischen zwei Sternen fort, das in die Endauswahl des begehrten Hugo-Awards kam. 2018 folgte der dritte Teil der voneinander inhaltlich unabhängigen Romane der Wayfarer-Serie – Record of a Spaceborn Few –, das in diesem Monat unter dem Titel Unter uns die Nacht bei Fischer TOR erscheint.
Zudem hat sie online und in Magazinen einige Kurzgeschichten und Novellen aus dem Genre Solarpunk veröffentlicht, und 2020 wird eine neue Serie von ihr starten.
Interessiert an allem
Auch wenn es kein Widerspruch zu sein scheint, als Tochter zweier Astrowissenschaftler eine Karriere als Science-Fiction-Autorin einzuschlagen, war Chambers hin- und hergerissen. Sie hätte auch gern eine naturwissenschaftliche Laufbahn eingeschlagen, aber nach eigener Aussage ist ihr Dilemma, dass sie sich einfach für alles interessiert – die für NaturwissenschaftlerInnen notwendige Spezialisierung würde ihr sehr schwerfallen. Damit schlägt sie in ihrer »MINT-Fächer«“-Familie etwas aus der Art, sie war der Sonderling, als sie Theaterwissenschaften studierte, wo sie sich jedoch auch nie richtig zu Hause fühlte. Während die Herzen ihrer KollegInnen auch in der Freizeit fürs Theater schlugen, verbrachte sie ihre Abende mit Videospielen und Star Trek. In die Science Fiction und Fantasy hatte ihre Mutter sie schon als Kind begleitet, hatte mit ihr Star Wars geschaut und ihr Der Herr der Ringe vorgelesen.
»Raketenwissenschaft« und ihre Liebe zur Fiktion kannten also genau einen gemeinsamen Nenner: die Science Fiction.
Aber wie lebt man vom Schreiben?
Chambers versuchte das, durch Recherche herauszufinden – denn sie hat nie einen Schreibkurs besucht, was für eine US-amerikanische Autorin außergewöhnlich ist. Learning by doing also – auch durch das Schreiben von Fanfiction.
Sie begann, die Biographien von SchriftstellerInnen zu lesen, um herauszufinden, wie sie Autorin »werden« konnte. Ihr wurde klar, dass sie am besten Kurzgeschichten schreiben sollte, weil die meisten AutorInnen damit begannen, doch es gelang ihr einfach nicht. Kurzgeschichten lagen ihr nicht – sie hat mittlerweile einige veröffentlicht, doch alle erst, nachdem ihr erstes Buch erschien, und alle wurden dadurch initiiert, dass HerausgeberInnen von Anthologie auf sie zukamen und sie fragten, ob sie mitschreiben wolle. Die Geschichten, die sie erzählen wollte, brauchten Platz.