Auch Catherynne Valente ist eines der Wunderkinder, die bereits jeden großen Award des englischsprachigen Raums abgeräumt haben oder dafür nominiert waren: Sie konnte u.a. den Lambda Award für LGBT Science Fiction und Fantasy und den James-Tiptree-Award mit nach Hause nehmen (über Tiptree sprachen wir bereits ...) und steht auch in diesem Jahr wieder auf der Shortlist des Hugo-Awards.
Bunt – weird – und nicht neurotypisch
Die knapp vierzigjährige Valente sitzt nicht „nur“ am Schreibtisch und gießt ihre Gedanken in Romane – selbst Kurzgeschichten und Gedichte und Kinderbuch-Crowdfundings sind ihr nicht genug. Sie podcasted regelmäßig beim SF Squeecast (der ebenfalls Hugo-prämiert ist), bezeichnet sich als Online-Künstlerin, ist Hobby-Glasbläserin und veranstaltet Konzertlesungen und Buch-Kunst-Events mit Tänzer*innen, Akrobat*innen, Musiker*innen und Künstler*innen.
Darüber, dass ihr das nicht einfach so zufällt, redet sie in ihren Schullesungen, um Kinder zu ermutigen, die nicht neurotypisch sind, also ADS, ADHS, Depressionen etc. haben, denn Valente ist selbst neurodivergent und schreibt ihre Bücher trotz depressiver Schübe und den Konzentrationsschwierigkeiten, die ADS mit sich bringt (die Aufmerksamkeitsdefizitstörung ohne Hyperaktivität). Auch auf Twitter schreibt sie ab und an darüber, aber vor allen Dingen ist es ihr im Umgang mit Kindern und Jugendlichen wichtig, ihnen zu zeigen, dass eine solche Diagnose nicht bedeutet, dass es unmöglich ist, Romane zu schreiben oder erfolgreich zu sein. Sie sagt, dass es immer noch schwierig ist, darüber zu reden, weil Neurodivergenz für die meisten Menschen nicht nur unsichtbar, sondern sogar „nicht real“ sei – der typische Ratschlag für Menschen mit ADS sei: „Dann mach dir halt eine To-do-Liste!“
Apropos Listen
Nicht nur gegen To-do-Listen hat Valente eine Abneigung, sondern auch gegenüber Schreibratschlägen in Listenform. Deshalb hat sie hier (www.catherynnemvalente.com) selbst eine herausgegeben – klingt logisch, oder? Sie sagt darin, dass jede*r Autor*in wisse, dass man sich solche Listen getrost an den Hut schmieren könne, das Wichtigste an diesen Ratschlägen sei letztlich das Ausmaß, in denen man nicht mit ihnen übereinstimmt. Diese Liste reicht von „Schreiben macht Spaß. Wie das Erlernen einer toten Sprache, ist es zu aufreibend, erschöpfend, schwierig und erniedrigend, um sich damit zu befassen, wenn es keinen Spaß machen würde.“ über „Genre ist irrelevant. Schreib und lass andere ausknobeln, in welche Abteilung der Buchhandlung du gehörst.“ und „Es ist okay, für die Kunst zu leiden, aber mach keinen Fetisch draus.“ bis hin zu „Listen sind nutzlos. Unsere Meinungen mögen da auseinander gehen.“