Markus Mäurer, 28.02.2024
Was hat es eigentlich mit Manuskriptgutachten auf sich? Welche Rolle spielen sie bei Verlagsentscheidungen? Anhand unseres aktuellen Romans Sparks – Die Magie der Funken von J. R. Dawson gewährt euch Gutachter Markus Mäurer einen kleinen Blick hinter die Kulissen.
Am Anfang steht die Anfrage: „Wir haben hier ein interessant wirkendes Manuskript, sind uns aber noch nicht ganz sicher, könntest du uns nicht dazu ein Gutachten schreiben?“ Das ist die Phase im Prozess, in dem gerade die Literaturagenturen Manuskripte an die Verlage rausgeschickt haben. Manchmal muss es dann schnell gehen, wenn sich abzeichnet, dass viele Verlage interessiert sind und das Buch außergewöhnlich gut und vielversprechend ist. Ich lese das Buch dann komplett, mache mir zahlreiche Notizen und verfasse schließlich ein drei bis vier Seiten langes Gutachten. Das lässt die Verlagsredaktion mit in die Entscheidung einfließen, ob sie ein Angebot für das Buch abgibt. Sind mehrere Verlage interessiert, kann es sogar zu Auktionen kommen (worüber sich die Autor*innen dann besonders freuen dürfen), und manchmal ist ein anderer Verlag schneller oder mutiger und macht ein höheres Angebot.
Für den Verlag Fischer Tor mache ich das regelmäßig mit englischsprachigen Manuskripten. In das Gutachten kommt eine komplette Inhaltsangabe, eine Beschreibung der wichtigsten Figuren und des Weltenbaus plus meine Einschätzung zum Text selbst, ob er ins Verlagsprogramm passt und ob er Chancen auf dem deutschsprachigen Buchmarkt haben könnte. Unter den Manuskripten sind viele gute, aber nur selten kommt es vor, dass ein Buch bei mir ein regelrechtes Funkeln in den Augen auslöst. Und bei Sparks war das von den ersten Seiten an der Fall. Dem Verlag habe ich es als eine Mischung aus Der Nachtzirkus, X-Men und dem spanischen Film Mad Circus beschrieben. Das hat ihn wohl überzeugt, und zu meiner Überraschung hat er es tatsächlich gekauft.
Ich finde das Buch einfach verdammt gut geschrieben, auch wenn einige Themen (toxische, gewalttätige Beziehung; Weltkriege; Holocaust) sehr düster sind, die Found Family des Zirkus bietet den Figuren (wie Leser*innen) einen herzlichen Safe Space, der dies abfedert und einen Funken Hoffnung in düsteren Zeiten bietet.
Im Kern erzählt Sparks – Die Magie der Funken die Geschichte von Rin (alias Ringmaster) und dem Circus King. Und davon, wie Rin sich mit Hilfe ihrer inoffiziellen Ehefrau Odette und der gemeinsamen Freundin Mauve aus dieser toxischen Beziehung befreit.
Die Haupthandlung setzt 1926 ein, Rin hat schon vor Jahren ihren eigenen Tod vorgetäuscht und konnte so den Fängen des Circus Kings entkommen. Doch jetzt hat er sie wieder aufgespürt und stellt eine Bedrohung dar. Rin hat inzwischen ihren eigenen Zirkus aufgebaut und einen Safe Space für sogenannte Sparks geschaffen. Doch diese Found Family ist nun in Gefahr.
Sparks sind Menschen mit besonderen Fähigkeiten, den X-Men nicht unähnlich. Rin kann z. B. durch Raum und Zeit an fast jeden beliebigen Ort springen. Odette kann andere Menschen und sich selbst heilen und Mauve in die Zukunft schauen, sehen, wie mögliche Zukunftsfäden zusammenlaufen und wo sie hinführen, falls man entscheidend historische Punkte ändert.