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News: David Lynch 1946 - 2025

Screenshot aus dem Intro zur Serie "Twin Peaks". Ein Vogel mir orangefarbenem Gefieder sitzt auf dem Ast eines Nadelbaums, den Schnabel Richtung Himmel geneigt, im Hintergrund sehen wir verschwommen einen See.
© CBS

Markus Mäurer, 14.01.2025

Außerdem in unseren SFF News: Der wunderbare Animationsfilm Flow, Lektor*innen über Solarpunk und ein Video-Essay zur Angst vor der weiblichen Lust bei Nosferatu.

#1 David Lynch 1946 – 2025

Ende letzter Woche ist der amerikanische Künstler und Regisseur David Lynch im Alter von 78 Jahren verstorben, der in den 1980er/90ern die TV-Landschaft und wie Serien erzählt werden mit Twin Peaks für immer verändert hat. Zuvor machte er sich bereits als Filmemacher einen Namen, sein Debüt Eraserhead ist ein verstörendes Low-Budget-Meisterwerk über ein fehlgebildetes Baby (dargestellt von einer Kartoffel). Der Durchbruch gelang ihm mit The Elephant Man, der die Geschichte des körperlich deformierten, historisch verbürgten Joseph Merrick erzählt und 1981 für acht Oscars nominiert wurde. Lynchs erster Farbfilm wurde die Adaption von Frank Herberts Science-Fiction-Roman Dune – Der Wüstenplanet, die viele Kritiker für gescheitert halten, die ich aber mit ihrem mystischen Unterbau sehr mag.

Bei der Titelmusik bekomme ich heute noch Gänsehaut.

Zwei Jahre später warf er mit Blue Velvet einen abgründigen Blick hinter die verkommene Fassade der amerikanischen Kleinstadt, ein Präludium zu Twin Peaks. 1997 Mit Lost Highway und 2001 mit Mullholand Drive lieferte er zwei Filme ab, die ganz langsam und mit einem unheimlichen Sog immer mehr in Surrealistische abgleiten und sich auf bedrohliche Weise zu einem verwirrenden Albtraum entwickeln. Dass er aber auch ganz anders konnte, zeigte Lynch dazwischen mit der herzerwärmenden und sehr geradlinig erzählten The Straight Story, in der ein älterer Griesgram mit seinem kleinen Rasentraktor eine längere Reise auf sich nimmt, um seinen Bruder, mit dem er lange verkracht war, ein letztes Mal zu sehen. Nach Inland Empire hatte Lynch leider keinen Film mehr finanziert bekommen, konnte 2017 aber immerhin noch mit einer dritten Staffel von Twin Peaks die Erwartungen der Zuschauer*innen auf interessante Weise unterlaufen.

Ein letztes Mal auf der Leinwand konnten wir David Lynch übrigens in Steven Spielbergs The Fabelmans sehen, in der Rolle als Regisseur John Ford. In meiner Internet-Bubble hat Lynchs Tod für enorme Reaktionen gesorgt, wie ich sie bei noch keinem anderen Regisseur gesehen habe, und auch meinen Geschmack für phantastische Stoffe hat er mit seinem Werk maßgeblich beeinflusst. Ich möchte aber auch nicht verschweigen, dass es um die David Lynch Foundation for Consciousness Based Education and World Peace einige krude Machenschaften gab.

David Lynch
© Von Georges Biard, CC BY-SA 3.0

#2 Filmtipp: Flow

Und hier noch eine Empfehlung zum lettischen Animationsfilm Flow, der ganz ohne Dialoge in wundervollen Bildern von den Abenteuern einer Katze in einer anscheinend von Menschen verlassenen und überfluteten Welt erzählt. Kinostart bei uns in Deutschland ist allerdings erst am 6. März. Doch schaut euch den Trailer schon mal an, der zeigt, dass es sich lohnt, über den Animationstellerrand von Disney, Dream Works und Co. in andere Länder zu schauen.

#3 Interview: „Schon mal was von Solarpunk gehört?“

Auf dem Blog des Verbands der Freien Lektorinnen und Lektoren gibt es ein sehr interessantes Interview mit der Autorin und Lektorin Len Klapdor, unter anderem zur Frage, was es mit Solarpunk auf sich hat.

#4 Video-Essay: Xenia Popescu über Die Angst vor der weiblichen Lust

Von Xenia Popescu, die ihr vielleicht von Cinema Strikes Back kennt, gibt es einen wirklich schönen Video-Essay zum Thema Nosferatur- Die Angst vor der weiblichen Lust. Das erklärt sie anhand der aktuellen Nosferatu-Verfilmung von Robert Eggers, von der Geschichte des Vampir-Mythos an, über moderne Interpretationen, bis zum Male Gaze.

Markus Mäurer

Markus Mäurer

Der ehemalige Sozialpädagoge und Absolvent der Nord- und Lateinamerikastudien an der FU Berlin, der seit seiner Kindheit zwischen hohen Bücherstapeln vergraben den Kopf in fremde Welten steckt, verfasst seit über zehn Jahren Rezensionen für Fantasyguide.de, ist ebenso lange im Science-Fiction- und Fantasy-Fandom unterwegs (Nickname: Pogopuschel), arbeitet seit einigen Jahren als Übersetzer phantastischer Literatur und ist auf Tor Online für das Content Management und die Redaktion verantwortlich.

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