Christian Vogt, 24.05.2024
Nostalgie verursacht bei uns ein wohliges Gefühl. Aber ist das immer eine gute Sache? Am Beispiel der Ghostbusters begibt sich Christian Vogt auf die Spur der toxischen Nostalgie und schlägt eine kritische vor.
„Ich versuchte an die harmloseste Sache zu denken ... etwas, das ich geliebt habe in meiner Kindheit, etwas, das uns nie, unter keinen Umständen vernichten könnte: der Marshmallow-Mann.“ Ghostbusters – Die Geisterjäger (1984)
Für Dr. Raymond „Ray“ Stantz ist der Marshmallow-Mann nichts anderes als personifizierte Nostalgie: ein wohliges, harmloses Gefühl beim Gedanken an vergangene Erlebnisse. Wie könnte uns etwas Schönes wie Nostalgie nur schaden? Ray konnte es sich nicht vorstellen, aber wie der Marshmallow-Mann kann auch Nostalgie in einer gefährlichen, alles verschlingenden Form daherkommen, die uns den Spaß an allem Neuen verdirbt: toxische Nostalgie, die man nur durch ein Kreuzen der Protonenstrahlen wieder loswird.
Das Ghostbusters-Franchise ist ein gutes Beispiel dafür. Die Kultfilme aus den Achtzigern erhielten nach langer Pause mehrere Fortführungen. Ghostbusters (2016) [Rotten Tomatoes Publikumswertung: 49 %] und Ghostbusters: Legacy (2021) [Rotten Tomatoes Publikumswertung: 94 %]. Wenn man beide Filme als solide, aber nicht herausragende Unterhaltung bezeichnen würde, täte man wohl keinem der beiden Unrecht. Dennoch unterscheiden sich die Publikumswertungen massiv. Aber in welchem Punkt driften beide Werke derart auseinander, dass es solch eine Diskrepanz rechtfertigen würde?
Offensichtlich handelt es sich bei Ghostbusters (2016) um einen Reboot mit ein paar kleineren Referenzen zu den Originalfilmen und deren Figuren, während es sich bei Ghostbusters: Legacy (2021) um eine echte Fortsetzung handelt, die im selben Universum spielt und voller Referenzen ist. Die Umsetzung von 2021 wird geliebt (mit Ghostbusters: Frozen Empire (2024) ist jüngst sogar eine Fortsetzung zur Fortsetzung erschienen), die von 2016 gehasst. Offenbar ist es viel befriedigender, wenn die Protagonist*innen Herausforderungen nicht allein lösen, sondern von denjenigen dabei unterstützt werden, die bereits vor 40 Jahren wussten, welche Seite der Geisterfalle nach oben gehört. Hier sehen wir die dunkle Seite der Nostalgie – die Verklärung eines lieb gewonnenen Werks, die so weit geht, dass sie im Weg steht, dass sie keine neuen Ideen mehr zulässt und nur noch „more of the same“ fordert – wie ein Wagenrad, das sich immer weiter frei in der Luft dreht, ohne vorwärtszukommen.