Swantje Niemann, 01.06.2023
Vom Römischen Reich bis zum British Empire, Imperien ziehen sich durch die Geschichte der Menschheit, und auch heute noch, glauben sich Staatschef, als Imperialisten betätigen zu müssen. Kein Wunder, dass dies auch ein großes Thema in der Fantasyliteratur ist. Swantje Niemann stellt es uns genauer vor.
Bevor ich angefangen habe, diesen Artikel zu schreiben, habe ich mir einen Timer gesetzt und alle Fantasyromane mit dem Wort „Imperium“ oder „Empire“ im Titel aufgeschrieben, die mir innerhalb von zwei Minuten aufgefallen sind – ich bin auf 14 Bücher gekommen. Wie es aussieht, mögen Fantasy-Autor*innen Imperien. Wahrscheinlich lässt sich dieses Statement auf „Phantastik-Autor*innen mögen Imperien“ ausweiten, immerhin wimmelt es auch in der Science-Fiction davon. Aber wieso eigentlich?
Eingebaute Konflikte
Eine mögliche Antwort für diese Frage verbirgt sich darin, was ein Imperium eigentlich ausmacht. Je nachdem, welche Zeit und welchen Ort man sich anschaut, können Imperien sehr verschieden aussehen. Aber eine Grunddefinition, die ich gefunden habe, war „von einer bestimmten Elite und von einem Zentrum aus, regierter, multiethnischer Machtbereich“. Oft kommt noch hinzu, dass die Herrschenden Interesse haben, ihr Imperium auszudehnen.
Ich kann mir vorstellen, dass sich hier bereits einer der Gründe für die Beliebtheit von Imperien in der Phantastik verbirgt, denn da gibt es schon auf den ersten Blick drei eingebaute Spannungen: Zum einen die zwischen einem Imperium, dessen Elite auf Expansion aus ist (sei es durch offene Eroberung oder subtilere Machtausübung), und den Leuten, die nicht in das Imperium eingegliedert werden wollen. Widerstand gegen sie kann interessante Allianzen erfordern – ein nettes Beispiel dafür ist beispielsweise der vierte Band von „Das Spiel der Götter“, wo ein Haufen sehr charismatischer ehemaliger Feinde sich gegen die fanatische Pannionoische Domäne verbündet.
Zum anderen sind da die von vornherein auf Ungleichheit angelegten Beziehungen und potenzieller Widerstand dagegen innerhalb des Imperiums. (Ich will primär über Fantasy schreiben, aber mir fallen hier als Paradebeispiele dystopische Science-Fiction-Romane wie „Die Tribute von Panem“ und „Red Rising“ ein). Autor*innen können in ihren Geschichten auch diese beiden Konflikte zusammenbringen, wie es zum Beispiel Judith und Christian Vogt in ihrer Flintlock-Fantasy-Trilogie „Die 13 Gezeichneten“ machen – hier lernen Lesende Rebell*innen inner- und außerhalb des expansionistischen Aquintiens kennen (ein spannender Aspekt: es geht schon früh um mehr als nur eine Wiederherstellung des Status Quo vor der Eroberung).
Eine weitere mögliche Quelle für Konflikt im Zusammenhang mit Imperien ist der Kampf um den Platz oder die Plätze an der Spitze des Ganzen, also der Versuch, eine Menge Macht zu bekommen und zu konsolidieren.
Die Frage, was so große politische Konstrukte zusammenhalten und was sie sprengen kann, ist auf jeden Fall interessantes Futter für Geschichten. Dazu kann ich übrigens den Youtube-Channel von „Hello Future Me“ empfehlen, der gleich drei Videos zu diesem Thema gemacht hat.