Alessandra Reß, 15.12.2023
Vampire im Palazzo, Meerjungfrauen in der Lagune, Geister auf den Inseln: In der Fantasy-Literatur bietet Venedig zahlreichen Wesen eine Heimat. Grund genug, sich die Sache mal genauer anzuschauen.
In Venedigs Gassen und Kanälen geht es ganz schön rau zu. Zumindest gewinnt man diesen Eindruck, wenn man sich in der Bibliothek nach Romanen mit Venedigbezug umsieht. Commissario Morello, Commissario Tron, Commissario Brassoni, Commissario Brunetti: Das sind nur ein paar der Herren, die in der Literatur dafür sorgen, dass in der Lagunenstadt Mördern und Dieben das Handwerk gelegt wird. Wo London die Königin der Urban Fantasy ist, da ist Venedig anscheinend die Königin der Krimis.
Konkurrenz bekommen die vor allem von historischen Romanen – das Venedig der Renaissance bietet viel Inspirationsstoff. Sucht man noch weiter, findet man einige lockere Liebesromane, und natürlich Klassiker wie Shakespeares „Othello“ und „Der Kaufmann von Venedig“ oder „Der Tod in Venedig“ von Thomas Mann.
Ein Museum ohne Mauern
Fantasy aber? Auf den ersten Blick sieht es hier etwas dünn aus. Sicher, wer wie ich Anfang der 2000er zur Phantastik gefunden hat, kam kaum um Cornelia Funkes „Herr der Diebe“, Kai Meyers „Die Fließende Königin“ oder Mary Hoffmanns „Stravaganza: Stadt der Masken“ herum. Fans von Anne Rice werden außerdem sofort an „Armand, der Vampir“ denken (späterer Titel: „Der Duft der Unsterblichkeit“), worin der Titelheld in der rauschenden venezianischen Gesellschaft des späten 15. Jahrhunderts zu einem neuen, untoten Leben findet. Die eng mit der Stadt verflochtenen Reihen, wie sie London zu bieten hat, fehlen aber.