Conan-Kenner und Prinzessinnen-Autor Christian Endres nimmt uns mit auf einen subjektiven Streifzug durch die Schwert-und-Magie-Fantasy, erzählt vom wichtigen Dialog mit der Genre-Historie und wirft einen ersten Blick auf die kommende Conan-Neuausgabe bei FISCHER Tor.
Wer heute Sword-and-Sorcery-Fantasy voller Schwerter, Abenteuer und Magie erschafft oder konsumiert, tut das zwischen Tradition und Moderne, Vergangenheit und Gegenwart – ob man nun schreibt, illustriert, filmt, programmiert, designt, komponiert, schaut, liest, spielt, hört, sonst wie mit dem Subgenre der Breitschwerter und Bannsprüche interagiert. Seit dessen Anfängen in den amerikanischen Pulp-Magazinen der 1930er ist viel Zeit vergangen, haben sich die Fantastik und unsere Welt fortlaufend verändert.
Selbst die Groschenheft-Geschichten, mit denen für die Sword-and-Sorcery einst alles begann, führten ihrerseits ja etwas fort, entwickelten sich aus den altertümlichen Heldensagen, den Rittergeschichten etwa der Romantik oder Werken der klassischen europäischen Abenteuerliteratur. Auch frühe englischsprachige Fantasy-Werke von Lord Dunsany oder E. R. Eddison speisten die Anfänge des per Definition nun mal ausgesprochen pulpigen Sujets.
Ein stilprägender Barbar
Conan-Erfinder Robert E. Howard las im Texas der späten 1920er, frühen 1930er die Romane von Jack London und Walter Scott, die Sagen aus Nordeuropa oder dem alten Griechenland und zudem viele Geschichtsbücher – besonders die Pikten im Norden der britischen Inseln hatten es Howard angetan. 1929 veröffentlichte REH seine erste Pulp-Story über den barbarischen Helden Kull von Atlantis, für viele der offizielle Startschuss der Sword and Sorcery. Eigentlich wollte Howard viel lieber realistische historische Garne spinnen, Rittergeschichten oder Wüstenabenteuer schreiben. Trotzdem stellte er dem Publikum der einst allgegenwärtigen Pulps Ende 1932 in einer Kurzgeschichte seinen neuen Fantasy-Recken Conan den Barbaren vor, der in einer bis dahin unveröffentlichten, auf den Cimmerier umgeschriebenen Kull-Story als König Conan debütierte.
In nichtchronologischer Abfolge ließ Howard seinen Barbaren fortan Story für Story überall in der Hyborischen Welt bzw. dem Hyborischen Zeitalter auftreten, mal auf dem Meer, mal in einer Stadt, mal in der Wüste, mal im Regenwald, mal im eisigen Norden Cimmerias – und dabei mal als Glücksritter, mal als Dieb, mal als Söldner, mal als Waldläufer, mal als Pirat und mal als Räuberhauptman. Durch die Episoden etablierte der Texaner den für das Sugbenre bis zum heutigen Tag typischen, wunderbaren Mix aus Schwertkämpfen, Abenteuer, Verliesen, Zauberei und Ungeheuern. Außerdem mischte Howard mythologische und historische Elemente unserer Welt in Conans archaisch-magisches Setting, integrierte das alte Ägypten oder die skandinavischen Mythen in sein Universum – und aus den von ihm so verehrten Pikten machte er mehr oder weniger Native Americans.
Obendrein berührte Conan das Schaffen von Howards Zeitgenossen und Brieffreund H. P. Lovecraft, in dessen Horror-Kosmos um Cthulhu REH ebenfalls ein paar Mal unterwegs war (so, wie der Träumer aus Texas auch Geschichten über Geister, Werwölfe, Boxer, Matrosen, Piraten verfasst hat). Selbst Conan bekommt es in einigen seiner Originalabenteuer aus den 1930ern mit außerirdischen Wesenheiten zu tun – obwohl just die Abtrennung zur Science Fiction an anderer Stelle gerne verhindert, dass etwa die „John Carter“-Werke von Tarzan-Vater Edgar Rice Burroughs zur eigentlichen Schwert-und-Magie-Fantasy gerechnet werden.
So sehr der Cimmerier bis heute die Vorstellung von Fantasy im Allgemeinen und Sword and Sorcery im Besonderen geprägt hat: Zu einer allseits bekannten Ikone der Popkultur wurde Conan erst nach dem frühen Freitod seines Schöpfers. Conans Stern stieg in nachfolgenden Jahrzehnten durch die ersten Taschenbuch-Sammelbände der 1950er, den frühen Tolkien-Boom jener Jahre, die Frank-Frazetta-Bilder ab den 1960ern, die Conan-Comics der 1970er von Marvel und durch die Arnold-Schwarzenegger-Filme und den Fitness-Kult der 1980er empor.