Was ist Epic Fantasy?
Ein Epos, wie es die alten Griechen verstanden, ist einfach eine erzählende Dichtung. Prominentestes Beispiel dürfte Homers Odyssee sein, die eine epische Geschichte über Krieg und Schicksal spinnt, also vom titelgebenden Odysseus, dem trojanischen Krieg und der jahrelangen Irrfahrt voller Abenteuer zurück nach Hause, die unser Held nach dem Krieg erlebte.
Es geht um Ereignisse, die in einem großen Rahmen stattfinden, mit einer Handlung, die oft Jahre, Jahrzehnte oder, wie in mancher Fantasy, gar Jahrtausende umspannt. Und viele Bände. Ich denke da z. B. an Robert Jordans „Das Rad der Zeit“ mit seinen 15 Bänden. Terry Goodkinds „Das Schwert der Wahrheit“ mit 11, oder Raymond Feists Midkemia-Saga mit 30 Bänden.
In der Regel gibt es ein großes Figuren-Arsenal, deren Geschichten oft in sich abwechselnden POV-Kapiteln erzählt werden. Es geht um große Konflikte zwischen unterschiedlichen Ländern und Reichen, mit Intrigen, Verschwörungen, Attentaten und Schlachten. Es wird groß gedacht. Steven Eriksons „Malazan Book of the Fallen“ („Das Spiel der Götter“) umfasst z. B. zehn Bände (in der Originalfassung, im Deutschen sind es 19), die eine in sich geschlossene Handlung erzählen, die von Anfang bis Ende durchgeplant ist, unzählige Figuren und Fraktionen enthält und einen Zeitraum von mehreren hunderttausend Jahren abdeckt.
Andere Serien, wie zum Beispiel. R. A. Salvatores Drizzt-Saga enthalten in sich abgeschlossene Zyklen, die alle in der gleichen Welt spielen, und in denen es wiederkehrende Figuren gibt. Hier schreiben die Autor*innen oft einfach aufgrund des Erfolgs weiter, ohne einen großen Plan zu haben.
Ihre Hochzeit hatte die epische Fantasy in den 1990ern und den frühen Nullerjahren. Wer damals in die Buchhandlung ging, traf in den Fantasy-Abteilungen oft ganze Regalreihen mit Büchern im gleichen Design an, die alle zu einer Fantasy-Serie oder Reihe gehörten. Damals konnte man oft tatsächlich sämtliche erschienenen Bände vom "Rad der Zeit" im Buchladen finden.
Für Verlage und Autor*innen bedeutete eine erfolgreiche Fantasy-Serie Planungssicherheit, weil sie sichergehen konnten, vom nächsten Band eine bestimmte Mindestzahl zu verkaufen. Und die epische Fantasy als Subgenre bot sich perfekt an, die Leser*innen bei der Stange zu halten und neugierig auf den nächsten Band zu machen. Verträge wurden oft direkt über mehrere Bände abgeschlossen und enthielten sogar eine Mindestzahl an Worte bzw. Normseiten, die nicht unterschritten werden sollte. Fantasy wurde vor alle mit dicken Schinken assoziiert.