Alessandra Reß, 01.02.2024
Vom Frühjahr bis zum Herbst herrscht in der literarischen Phantastikszene Award-Saison: Fast jeden Monat können Autor*innen dann darum bangen, ob es ihre Geschichten auf eine Longlist oder gar aufs Treppchen schaffen. Doch welche Auszeichnungen sind wofür? Und bei welchen kann das Publikum mitentscheiden? Ein Überblick.
KLP, DSFP, RAZ: Was nach Kleinstparteien klingt, sind Abkürzungen für einige der Literaturpreise, welche gezielt für deutschsprachige Phantastik geschaffen wurden. Manche haben einen recht breiten Fokus, sowohl was Veröffentlichungsform als auch Subgenres angeht. Andere sind spezialisierter. Ebenso gibt es Preise, die von Jurys vergeben werden, und andere, bei denen z. B. Berufsgruppen, Communitys oder schlicht alle mit Internetzugang abstimmen dürfen.
SERAPH: Schwingen für (fast) alle Spielarten
Einer der bekanntesten deutschen Phantastikpreise ist der SERAPH, der 2012 vom Verein Phantastische Akademie e. V. ins Leben gerufen wurde. Eingereicht werden können originär deutschsprachige Romane aus allen phantastischen Subgenres ab einer Länge von 150 Seiten, ausgenommen Kinderbücher. Vergeben wird der Preis jährlich in gegenwärtig drei Kategorien: Bestes Debüt, Bester Roman und Indie-Seraph (= im Selfpublishing veröffentlichte Titel). Ein Lesezirkel nimmt eine Vorauswahl der jeweils bis Mitte Dezember eingereichten aktuellen Titel vor.
Auf Nachfrage heißt es hierzu vom Verein: „[Der Lesezirkel] besteht neben Akademiemitgliedern aus langjährigen Vielleser*innen des Genres, die Kompetenz, Expertise und Engagement mitbringen und die Stück für Stück dazu kamen und zuweilen, aber nicht in schnellem Tempo, durchwechseln. Viele Lesezirkelmitglieder sind übrigens nicht Teil des offiziellen Literaturbetriebs. Das ist auch deswegen gut so, weil es uns damit leichter fällt, unsere strengen Regeln in der Vorauswahl- und Juryarbeit zu befolgen: Es ist zum Beispiel ausgeschlossen, Bücher zu bewerten, die von Freund*innen stammen oder zu denen man in einem direkten wirtschaftlichen Zusammenhang steht (etwa, weil man sie lektoriert oder gar verlegt hat). Wir geben den Mitgliedern des Lesezirkels im Übrigen eine Handreichung mit auf den Weg, worauf es zu achten gilt, zum Beispiel in Hinblick auf Plot, Weltenbau, Setting, Charakteraufbau.“
Aus den so ausgewählten Titeln wählt die jährlich wechselnde Expertenjury zunächst die Nominierten und schließlich die drei Siegertitel, die in der Regel auf der Leipziger Buchmesse verkündet werden. Die Höhe des Preisgeldes variiert leicht, abhängig von Sponsorenmitteln. 2024 ist die Kategorie Bestes Buch mit 1.500 Euro, Bestes Debüt mit 3.000 Euro und der Indie-Seraph mit 1.500 Euro dotiert. Neben dem Preisgeld winkt den Ausgezeichneten außerdem eine Seraphim-Statue, deren drei Flügelpaare hier die drei großen Phantastik-Subgenres symbolisieren sollen, d. h. Fantasy, Horror und Science Fiction.
Phantastische Stadtpreise
Offen in der Subgenre-Auswahl sind ebenso die beiden großen Stadtpreise für phantastische Literatur, der Phantastik-Preis der Stadt Wetzlar und der Krefelder Preis für fantastische Literatur.
Der bereits seit 1983 bestehende Phantastik-Preis der Stadt Wetzlar wird jährlich durch eine regional besetzte Jury an einen Roman vergeben. Der darf aus allen phantastischen Subgenres kommen, allerdings wird besonderes Augenmerk darauf gelegt, „dass das phantastische Element […] auch Zusammenhänge des wirklichen Lebens in einem neuen Licht erscheinen lässt“. Zunächst werden zum Preis, der in Kooperation der Stadt Wetzlar und der dortigen Phantastischen Bibliothek verliehen wird, Longlist und später Shortlist veröffentlicht. Mitte des Jahres folgt die Bekanntgabe des Gewinnertitels.
Die Verleihung erfolgt traditionell im Zuge der Wetzlarer Tage der Phantastik. Der Preis ist mit 4.000 Euro dotiert, die Einreichungsfrist endet jeweils am 31. März eines Jahres.
Der Krefelder Preis für fantastische Literatur ist deutlich jünger: Erstmals wurde er 2021 an Thilo Corzilius mit „Diebe der Nacht“ vergeben. 2023 ging die unter Schirmherrschaft von Bernhard Hennen stehende Auszeichnung an Boris Koch und Frauke Berger für die Graphic Novel „Das Schiff der verlorenen Kinder, Band 1“. Damit fallen schon zwei Besonderheiten auf: Erstens richtet sich der Ausschreibungstext hier explizit sowohl an Romane als auch an Graphic Novels aus dem Bereich Phantastik. Zweitens wird der Preis nur alle zwei Jahre verliehen – ist dafür aber mit 10.000 Euro der derzeit höchstdotierte Genrepreis. Zusätzlich erhalten die Gewinner*innen die Nachbildung eines Pentagondodekaeders, eines zwölfseitigen Würfels mit historisch unklarem Zweck, der bei archäologischen Ausgrabungen bei Krefeld gefunden wurde. Das Original findet sich im Museum der Burg Linn, wo ebenso die bisherigen Preisverleihungen stattfanden. Wie beim Wetzlarer Preis wird auch hier nach einer Nominiertenliste bereits im Vorfeld der Preisverleihung der Siegertitel bekanntgegeben.
Dem Krefelder Preis für fantastische Literatur ist darüber hinaus ein Jugendpreis zur Seite gestellt. Hierfür können Jugendliche unter 18 Jahren eine Kurzgeschichte mit Phantastik-Inhalt einreichen, für die ein Preisgeld von 200 Euro winkt.