Das Imperium der Ströme Band 1-3 | John Scalzi
Kollaps/Verrat/Schicksal
John Scalzis Ströme-Trilogie ist einerseits knackige Military-SF, andererseits aber voller leisem Humor und Augenzwinkern. Wer Scalzi kennt und mag, findet eine Menge Ironie zwischen den Zeilen. Arrogante Adlige, Schmuggler mit Pech ... die Handlung findet statt vor dem Hintergrund des Zusammenbruchs der überlichtschnellen Raumverbindungen (nämlich der titelgebenden Ströme). Die Geschichte ist nicht nur spaßig, sondern auch mit toller Stimme erzählt, wenn auch gelegentlich etwas langatmig. Action und knisternde Spannung am laufenden Band sollte man hier nicht erwarten. Es gibt auch eine gekürzte Lesung, allerdings nur von Band 1. Wie sich später an anderem Beispiel zeigen wird, ist diese Trilogie mit insgesamt 30 Stunden Laufzeit sogar vergleichsweise kompakt geraten.
Gelesen von Johannes Steck, Übersetzung Bernhard Kempen
Space Opera | Catherynne M. Valente
Wie der Name schon sagt … halt, Moment. Tatsächlich muss man den Begriff »Opera« hier wörtlich nehmen, geht es doch um einen galaktischen Gesangswettbewerb. Aber keine Sorge: Exotische Planeten, Raumschiffe und Aliens kommen definitiv vor. Der Humor besteht in diesem Werk aber aus mehr als nur einem Augenzwinkern: Statt subtiler Ironie wie bei Scalzi gibt es eine volle Breitseite Sprachwitz, gewürzt mit respektloser Satire. Der Stil ist freilich etwas gewöhnungsbedürftig, denn die Autorin versucht, jeden, aber auch wirklich jeden Satz ironisch oder witzig klingen zu lassen und sie verliert sich bisweilen in mittellustigen Nebensächlichkeiten, die ihr scheinbar just in dem Moment beim Schreiben in den Sinn kamen. Dabei vergisst sie manchmal, die Handlung voranzutreiben. Wer sich darauf einlässt, wird aber bestens unterhalten.
Gelesen von Simon Jäger, Übersetzung Kirsten Borchardt
Wayfarer-Zyklus | Becky Chambers
Der lange Weg zu einem kleinen, zornigen Planeten/Zwischen zwei Sternen/Unter uns die Nacht/Die Galaxie und das Licht darin
Wer bei Space Opera zuallererst an Star Wars oder Star Trek denkt, wird in dieser Romanserie einige deutlich Unterschiede feststellen. Sie ist nämlich ein paar Jahrzehnte moderner und in vielerlei Hinsicht einfühlsamer – und das wirkt wie eine Erfrischungskur fürs teils doch etwas angestaubte, von klassischen Erzählelementen geprägten Genre. Der Wayfarer-Zyklus gewann nicht umsonst im Jahr 2019 den Hugo-Award.
Chambers stellt ihre Figuren ins Zentrum, die alle über besondere Eigenschaften und Persönlichkeiten verfügen, nicht Raumschiffe oder Gut-Böse-Schemata. Liebevoll und farbig zeichnet sie sie, gibt ihnen und den Lesern viel Zeit, um einander kennenzulernen und miteinander und der Umgebung zu interagieren – das ist moderne Space Opera. Zwar ist es wirklich ein langer Weg, den das Raumschiff »Wayfarer« zurücklegt (allein die Einführung der Figuren benötigt mehrere Stunden Hörzeit), und von prickelnder Spannung kann selten die Rede sein. Aber die Interaktion der Figuren, die Geheimnisse, die durchdachte, lebendige Welt sind es wert, darin einzutauchen.
Vor allem aber ist die Wayfarer ein Beispiel für moderne, figurenbetonte Geschichten, in denen es nicht auf die Größe der Laserkanonen und Schlachtschiffformationen ankommt, sondern auf Humanismus und Selbstbestimmung. Mit weit über 50 Stunden teils zum intensiven Mitdenken und -fühlen auffordernden Hörzeit kann man hier nur von einem epischen, fürs Genre bedeutenden Werk sprechen.
Gelesen von Martha Kindermann, Übersetzung Karin Will