Uwe Post, 20.02.2025
In lockerer Abfolge erforschen wir an dieser Stelle die Beziehung zwischen Wissenschaft und Science Fiction. Greifen fiktive Werke Erkenntnisse oder Trends aus der Forschung auf? Wenn ja, inwiefern? Und inspiriert die SF womöglich sogar Forschende? Oder gelingt es der Wissenschaft zumindest, durch das Aufgreifen von SF-Narrativen ihre Erkenntnisse besser zu vermitteln – was wohl noch nie so wichtig war wie heute?
Neugier oder Gier
Neulich in den Medien: »Wow, es gibt Eis auf dem Mond!«
Nun ja … bitte das Kleingedruckte lesen! Das genannte Wassereis wird vermutet am Grunde polarer Krater, also tiefer schwarzer Löcher, wohin nie die Sonne scheint. Als hätten wir auf der Erde solche Abgründe oder solches Wasser nicht. Eventuelle Mondmissionen erleichtert es jedenfalls kaum, zu wissen, wie eine eventuelle Toilettenspülung gespeist werden könnte.
Aber mal im Ernst: Wozu besuchen Menschen überhaupt den Mond? Um ihr »I was here« zu hinterlassen? Also so ähnlich wie ein Hund an der Ecklaterne, nur mit ewig währenden Fußstapfen und nicht wehender Fahne. Historisch betrachtet war das ja wirklich die Motivation der Apollo-Missionen: »Die Russen waren zwar zuerst im Weltraum, aber wir stolzen Amerikaner dafür zuerst auf dem Mond spazieren!« Eine Image-Kampagne mit Ätsch-Botschaft, immerhin jedoch starken Impulsen für Wirtschaft, Forschung und Vertrauen in Technik und Wissenschaft.
Die realen Abenteuer auf dem Mond oder dem Weg dorthin beflügelten natürlich auch die Science Fiction. Der Übergang zwischen fiktiven Industrieanlagen auf dem Mond und realen Projektplanungen ist durchaus fließend. Wenn Begriffe wie »Neugier« und »Grundlagenforschung« sich nicht mehr eignen, um die nötigen erheblichen Geldmengen bewilligt zu bekommen, winken Befürworter gerne mit den Rohstoffen, die es auf dem Mond zuhauf geben soll. Zum Beispiel Silizium, das Robofabriken automatisch zu Solarzellen umformen könnten, um damit großflächig Solarstrom zu generieren. Der wäre auch bitter nötig, denn das Silizium liegt auf dem Mond genauso wenig in elementarer Form vor wie auf der Erde, sondern als SiO2 – Quarzsand also, der zunächst bei hohen Temperaturen atomisiert werden müsste (und zwar durch Hinzufügen von Kohlenstoff, nebenbei bemerkt). Der Strom für die Öfen käme natürlich aus den Solarzellen, außer in den dunklen Mondnächten, immerhin jede 28 Tage lang … dementsprechend lange müsste elektrischer Strom gespeichert werden können. Alles nicht so einfach!
Für elektronische Geräte sehr gut gebrauchen könnten wir seltene Erden: Elemente, die auf dem Mond auch nicht viel häufiger vorkommen als auf der Erde (schließlich bestehen beide aus dem gleichen Sternenstaub). Der Unterschied liegt allenfalls in den Besitzrechten: Auf der Erde heißt der meistens China, auf dem Mond liegt das Zeug derzeit ohne Besitzansprüche herum. Es käme jedoch das Problem des Transports hinzu. Eine kurzerhand befragte KI schätzt die Transportkosten für ein Kilogramm Material vom Mond zur Erde auf zehn bis zwanzigtausend Euro (auf Basis offizieller Angaben von Weltraumorganisationen). Ein kg Neodym – eine dieser begehrten seltenen Erden – kostet auf dem freien Markt um die 300 Euro, der Transport verschlingt also das Fünfzigfache des Materialwerts. Lohnt sich nur bedingt, würde ich sagen.
Sie können einem wirklich den Spaß verderben, diese harten Fakten: Würden wir nach denen gehen, wären die Milliarden statt in Mondmissionen besser anderswo aufgehoben, sagen wir in der Förderung von bedürftigen SF-Autoren, deren Mond-Märchen schon etwas überholt wirken angesichts von Meldungen wie dieser: Eine US-amerikanische Firma namens Lonestar bietet an, Daten in einem Rechenzentrum auf dem Mond zu speichern – dort, so der Anbieter, seien sie besonders sicher vor »irdischen Naturkatastrophen oder geopolitischen Konflikten«. Außerdem belasten sie dort nicht die Umwelt (zumindest nicht die irdische). Einen Mangel an Fantasie kann man dem Unternehmen jedenfalls nicht vorwerfen. Zitat von der Webseite lonestarlunar.com: »We took science fiction and made it science fact.« Das ist natürlich Marketing, aber es hat offenbar schon einige Kunden überzeugt. So wird SF zu Realität!